Wir trauern um eine große Persönlichkeit der JKU: Professor Gerhard Reber ist am 7. Dezember im 87. Lebensjahr verstorben.
Gerhard Reber hat maßgeblich am Aufbau der verhaltensorientierten Betriebswirtschaftslehre im deutschsprachigen Raum mitgewirkt und prägte die internationale Ausrichtung der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Johannes Kepler Universität Linz nachhaltig. Er verkörperte für lange Zeit so etwas wie die Seele der Universität.
Gerhard Reber wurde am 28. April 1937 in Mannheim geboren und studierte von 1957 bis 1962 Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftshochschule Mannheim. 1965 erfolgte die Promotion zum Dr. rer. pol. Ausgestattet mit einem Auslandsstipendium vom DAAD verbrachte er ein Jahr an der University of Toronto, von der er 1966 den MBA-Titel verliehen bekam. Nach seiner Rückkehr aus Kanada war er Assistent am Lehrstuhl für Personalwesen und Arbeitswissenschaft in Mannheim (Prof. Marx) und am Institut für soziale Betriebsführung (Prof. Kolbinger) in Linz.
1972 erfolgte die Habilitation an der damaligen Hochschule für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in Linz, der heutigen Johannes Kepler Universität Linz. 1973 wurde er zum ordentlichen Professor und Vorstand des Instituts für betriebswirtschaftliche Organisationsforschung berufen. 1985 bis 1986 wirkte er als Dekan der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät.
Prof. Reber erhielt zahlreiche Gastprofessuren, 1977 an der University of Dallas in den USA, 1982 an der University of Toronto und der York University in Kanada, 1987/88 wieder in den USA, an der Emory University in Atlanta. Von 1995 bis 1999 war er Adjunct Professor an der University of Toronto.
Die Ehrendoktorwürde wurde ihm von der Hochschule St. Gallen (1991), der Turku School of Economics (2001) und der Staatlichen Linguistischen Duboljubow Universität in Nizhnj Novgorod (2001) verliehen.
Sein wissenschaftliches Werk umfasst ein breites Spektrum der verhaltensorientierten Betriebswirtschaftslehre, insbesondere zu Fragen der Führungsforschung und kulturvergleichenden Managementforschung. Er war Mitherausgeber der Zeitschrift „Die Betriebswirtschaft“ und Mitherausgeber des „Handwörterbuchs der Führung“. Der Zugang zur kulturvergleichenden Forschung war stets gekennzeichnet durch internationale Kooperationen, da seiner Ansicht nach nur durch die Beteiligung von Forschenden aus den untersuchten Ländern adäquate Interpretationen von Ergebnissen möglich sind.
Seine eigenen positiven Erfahrungen der Wirkung eines längeren Auslandsaufenthalts auf die Entwicklung der Persönlichkeit prägten sein akademisches Wirken und Handeln. Es war ihm ein Herzensanliegen, an der Universität Rahmenbedingungen so zu schaffen, dass viele Studierende und auch Lehrende die Möglichkeit erhalten, außerhalb der eigenen Komfortzone Erfahrungen zu sammeln und dabei professionell und persönlich zu wachsen.
So konnten schon bald die ersten Absolventen und Absolventinnen der JKU einen MBA-Abschluss an renommierten Universitäten in Nordamerika machen, wurde das Erasmus Netzwerk der JKU mit den zahlreichen Austauschprogrammen aufgebaut und weltumspannende gemeinsame Studienprogramme etabliert.
In seiner Vorreiterrolle legte er den Fokus immer auf die Schaffung eines Mehrwerts durch Kooperation, auf die Umsetzung von Synergiepotenzialen zwischen vermeintlichen Gegensätzen, der Universität und dem sie umgebenden Wirtschafts- und Lebensraum, Lehrenden und Studierenden, Theoretiker*innen und Praktiker*innen, zwischen Sozialpartner*innen und insbesondere zwischen den Angehörigen verschiedener Kulturkreise. Bei all diesen Kooperationen und Partnerschaften ging er stets in Vorleistung.
Prof. Reber war ein Mann der Tat. Unermüdlich setzte er einzelne Puzzleteile zu einem großen Ganzen zusammen. So wurde das Fremdsprachenzentrum auf seine Initiative gegründet, dessen Vorstand er von 1985 bis zu seiner Emeritierung war. 1988 wurde das Institut für Internationale Managementstudien als zentrale Drehscheibe für die internationalen Aktivitäten gegründet, dessen Vorstand er ebenfalls bis zu seiner Emeritierung war. Er war die treibende Kraft für die Gründung der LIMAK, deren akademischer Direktor er von 1990 bis 2003 war. Damit konnten die zahlreich aufgebauten Universitätspartnerschaften auf der Studierendenebene und der Ebene der Executive-Ausbildung gemeinsam genutzt werden. Mit den zahlreichen Partnerschaften entstand ein reger Austausch von und zwischen Studierenden, Lehrenden, Forschenden und Praktikern.
Prof. Reber erhielt Rufe an die Universität Paderborn (1975) und an die Technische Hochschule Darmstadt (1981), die er alle ablehnte - er blieb der Johannes Kepler Universität Linz treu. Als er schließlich 1986 den sehr attraktiven Ruf an die Universität Köln bekam, geschah in Linz etwas Einzigartiges: Die Österreichische Hochschülerschaft sammelte unter den Studierenden Unterschriften und legte eine Petition der damaligen Wissenschaftsministerin Herta Firnberg vor. Die Ministerin war davon so beeindruckt, dass Studierende ihren Professor unbedingt halten wollen, dass sie diesen Mann kennenlernen musste und die Verhandlungen aufnahm. Ergebnis war, dass ihm neben seinem ursprünglichen Institut für Organisationsforschung ein zweites Institut für die internationalen Aktivitäten angeboten wurde, dessen Vorstand er dann bis zu seiner Emeritierung blieb. Das Land Oberösterreich, die Stadt Linz und die beiden Sozialpartner Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer unterstützten diese Initiative mit einem gemeinsamen Sonderbudget für die internationalen Aktivitäten. Dieses Sonderbudget wurde sukzessive von Unternehmen in der Region übernommen.
Prof. Reber hatte stets ein offenes Ohr. Es konnte kein Zeitpunkt ungelegen sein, zu ihm mit einem Anliegen zu kommen und einen Rat oder eine Hilfestellung zu erhalten. Es hat ihm viel Lebensfreude bereitet, mit den vielen Menschen die durch seine Ausbildung gingen, mit denen er gemeinsam etwas gestaltet hat oder mit seinem weltweiten Netzwerk an Kolleginnen und Kollegen in Kontakt zu bleiben und sich freundschaftlich und professionell auszutauschen.
Mit Gerhard Reber haben wir einen herausragenden Menschen, Freund und großartigen Lehrer verloren, der uns mit seiner Vision, seiner Tatkraft, seiner Integrität und seiner Liebe zu Menschen in bester Erinnerung bleiben wird.