JKU Forschung macht Lithium-Akkus giftstofffrei und die Herstellung energiesparender

Sie haben ein Bindemittel für den stromführenden Pol (Kathode) aus einem Naturstoff entwickelt.

von links: Bretterbauer, Leibetseder; Credit: JKU
von links: Bretterbauer, Leibetseder; Credit: JKU

Es wird bei moderaten Temperaturen in Wasser verarbeitet, statt wie das gängige fluorierte Material energieaufwendig in fortpflanzungsschädlichem Lösungsmittel. Akkus können damit auch haltbarer werden, weil es besser am Stromabnehmer haftet, erklären sie im Fachmagazin "Advanced Energy Materials". 

Als Grundbaustein für das Kathoden-Bindemittel dient eine Substanz aus Rizinusöl vom tropischen Wunderbaum, berichteten Klaus Bretterbauer und Felix Leibetseder vom Institut für Chemische Technologie Organischer Stoffe der JKU im Gespräch mit der APA. Sie heißt "11-Aminoundecansäure" und wird zu langen Ketten (Polymeren) verknüpft. "Das Bindemittel fungiert als Klebstoff, der die Materialien am Stromabnehmer hält", sagte Leibetseder: "Damit verhindert es, dass während des Ladens und Entladens in der Batterie buchstäblich alles auseinanderfällt. Das neue Bindemittel haftet ungefähr zehnmal besser an den Aluminiumfolien, die in solchen Akkus als Stromabnehmer fungieren, als herkömmliches 'Polyvinylidenfluorid'", erklärte Bretterbauer: "Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit des Ausfalls eines Akkumulators durch Ablösen der Elektrode vom Stromabnehmer deutlich reduziert."

Das gebräuchliche Material PVDF und die darin enthaltenen Verarbeitungshilfsstoffe gehören zudem zu den per- und polyfluorierten Alkylverbindungen, kurz PFAS, die wegen vieler gesundheitsschädlicher Wirkungen zunehmend in der Europäischen Union verboten werden. Um PVDF zur Elektronenherstellung verwenden zu können, wird außerdem ein Lösungsmittel namens "N-Methyl-2-pyrrolidon" (NMP) genutzt, das bekanntermaßen die Fruchtbarkeit verringert. "Unser Bindemittel ist Fluor-frei und wasserlöslich", so Bretterbauer: "Daraus ergibt sich der Vorteil, dass man bei der Herstellung Wasser statt NMP verwenden kann." Für das Produktionspersonal bestünde daher keine Gesundheitsgefährdung und es fallen keine giftigen Abfälle an. Wasser als Lösungsmittel kann zudem bei niedrigeren Temperaturen als NMP entfernt werden, dadurch benötigt die Herstellung der Elektrode weniger Energie.

Das Material kann schließlich gut wiedergewonnen werden, wenn die Lebensdauer des Akku zu Ende ist, weil es eben wasserlöslich ist. "Deshalb werden auch die seltenen kritischen Rohstoffe wie Lithium, Mangan und Kobalt aus den Batterien leichter zur Wiedergewinnung zugängig", erklärt er: "Akkus mit PFAS sind hingegen schwer recycelbar und stellen vor allem wegen ihrer Giftigkeit ein hohes Risiko für die Umwelt dar."

Umweltfreundliche Alternative
"In Summe ist unser Ansatz dadurch viel umweltfreundlicher", sagte der JKU Forscher. Auf der anderen Seite der Batterie, bei der Anode, habe man schon vor einiger Zeit Ersatz für gesundheitsschädliche Materialien gefunden. "Nun konnten wir auch für die positiven Seite ein Material entwickeln, das unschädlich ist, aus einem nachwachsenden Rohstoff stammt, der kein Konkurrent der Nahrungsmittelproduktion ist, und das zudem noch eine bessere Haftung hat als das momentan verwendete Material", erklärte Bretterbauer.

Einschränkungen für die Verwendung des neuen Bindemittels sehen die Forscher keine. Das Material, das von der Grundlagenforschung bis zum Prototypen an der JKU entwickelt wurde, könnte in Mobiltelefonen bis hin zu Elektroautos in den Akkus die Bestandteile zusammenhalten. Derzeit testet man gemeinsam mit Karl-Heinz Pettinger von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut (Deutschland) Knopfzellen mit dem neuen Material und größere Akku-Prototypen, die von einer "zimmerfüllenden Maschine" hergestellt werden, berichtete Leibetseder. Diese hätten sich so gut bewährt, dass man nun mit industriellen Partner*innen im Gespräch ist. "Wir hoffen, dass wir mit jenen bald unsere Prototypen testen können, wie sie sich bei hohen Anforderungen, zum Beispiel im Automobilsektor, verhalten", sagt Bretterbauer. Er sei optimistisch, dass "in naher Zukunft mit den neuen Batterien zu rechnen ist".

 

(APA)