9. Wintertagung des ICAE
Tagung in Kooperation mit der Cusanus Hochschule, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster (Institut für Ökonomie), öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster und der Johannes Kepler Universität Linz (Institut für die Gesamtanalyse der Wirtschaft)
Leitung: Michael Spieker und Walter O. Ötsch
Kontakt: walter.oetsch(at)liwest.at
veranstaltungsdaten
termin
Montag, 9.10. und Dienstag, 10.10. 2017
ort
Akademie für Politische Bildung Tutzing, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster, Bayern, Deutschland
Programm Montag
14:00 | Michael Spieker und Walter O. Ötsch | Einführung: Wie kann man Geschichte denken? |
14:30 | Harald Hagemann | Ordoliberalismus, Soziale Marktwirtschaft und Keynesianismus in Westdeutschland 1945-1974 |
15:30 | Kaffeepause | |
16:00 | Friedrun Quaas | Der spezifische Liberalismus von Hayek als Polarisationsprisma. Neues ordnungsökonomisches Denken versus New Austrians |
17:00 | Thomas Biebricher | Das politische Denken des Ordoliberalismus: Staat, Demokratie und Wissenschaft |
18:30 | Abendessen | |
19:30 | Ralf Ptak | Das Staatsverständnis des Ordoliberalismus. Was vom deutschen Sonderweg im Neoliberalismus geblieben ist |
Programm Dienstag
09:00 | Stephan Pühringer | Zur zentralen Rolle ordoliberaler Netzwerke in wirtschaftspolitischen Reformprozessen in Deutschland |
10:00 | Kaffeepause | |
10:30 | Walter Ötsch | “Der Markt” als Kollektivgedanke eines machtvollen Denkkollektivs |
12:30 | Mittagessen | |
13:30 | Philipp Wolter | Neoliberale Denkfiguren in der Presse. Wie ein Wirtschaftskonzept die Meinungshoheit eroberte |
14:30 | Josef Hien | Der Einfluss der Ordoliberalismus auf die deutsche Position in der Eurokrise |
15:30 | Schlussdiskussion |
Abstracts
Thomas Biebricher: das politische Denken des Ordoliberalismus: Staat, Demokratie und Wissenschaft
Der Neoliberalismus und mithin auch der Ordoliberalismus als eine seiner Variationen gelten gemeinhin als ökonomistische wenn nicht gar marktfundamentalistische Ideologien, welche die Sphäre des Ökonomischen verabsolutieren und den ‚entbetteten Markt‘ (Polanyi) zum Maß aller Dinge erheben. Doch gerade der Ordoliberalismus zeichnet sich dadurch aus, dass er zwar in gewisser Weise als marktzentriert gekennzeichnet werden kann, jedoch gerade die Interdependenz zwischen jenen Märkten und ihrer sozio-politischen Infrastruktur thematisiert und problematisiert. Ausgehend von einer entsprechenden Konzeptionalisierung des Neo-/Ordoliberalismus, soll vor allem auf die genuin politische Dimension des letzteren eingegangen werden. Im Vordergrund stehen hier die entsprechenden Vorstellungen von Staatlichkeit und Demokratie sowie die Rolle der Wissenschaft. Die diesbezügliche These lautet, dass der Ordoliberalismus die geeignete Infrastruktur für Märkte in einer politischen Ordnung der Technokratie sieht, in deren Rahmen ein ‚starker‘ Staat im Zweifelsfall mit aller Macht die wissenschaftlich legitimierten Regeln der ‚Wettbewerbsordnung‘ – inklusive der teils weitreichenden Implikationen – durchsetzt und (pluralistische) Demokratie zwar nicht abgeschafft, aber doch in ihren Einflussmöglichkeiten stark eingeschränkt ist.
Harald Hagemann: Ordoliberalismus, Soziale Marktwirtschaft und Keynesianismus in Westdeutschland 1945-1974
Der Beitrag setzt sich mit den theoretischen Grundlagen der nach dem 2. Weltkrieg in Westdeutschland praktizierten Wirtschaftspolitik auseinander. Dabei spielte der vor allem mit Walter Eucken verbundene Ordoliberalismus der 'Freiburger Schule' zunächst eine wichtige Rolle. Es wird näher auf die konstituierenden und regulierenden Prinzipien der Wettbewerbsordnung und Ihre aktuelle Bedeutung eingegangen. Für die Wirtschaftspolitik Ludwig Erhards war auch das von Alfred Müller-Armack entwickelte Konzept einer sozialen Marktwirtschaft wichtig. Während ein gemäßigter Keynesianismus unter dem Einfluss von Erich Schneider bereits in den 1950er Jahren an vielen Universitäten vorherrschte, fanden keynesianische Ideen im internationalen Vergleich erst relativ spät nach Bildung der Großen Koalition im Dezember 1966 und der Ernennung von Karl Schiller zum Bundeswirtschaftsminister stärkeren Eingang in die Wirtschaftspolitik. Dies kommt beispielhaft in dem im Juni 1967 verabschiedeten Stabilitäts-und Wachstumsgesetz zum Ausdruck. Die kurze Blütephase keynesianisch geprägter Wirtschaftspolitik endete in der Rezession 1974-75 mit dem Strategiewechsel der Bundesbank zu einer monetaristisch inspirierten Geldpolitik und dem Schwenk des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung von einer nachfrageorientierten zu einer angebotsorientierten Wirtschaftspolitik.
Josef Hien: Der Einfluss der Ordoliberalismus auf die deutsche Position in der Eurokrise
Während der Eurokrise wurde die Deutsche Position wiederholt mit Ordoliberalen Einflüssen bei deutschen Politikern, Ökonomen und Administration in Verbindung gebracht. Der Beitrag zeigt dass ordoliberale Textbuch-Positionen der ersten Generation (Eucken und Böhm) mit der Deutschen Krisenpolitik nur bedingt übereinstimmen. Dennoch ist der Ordoliberalismus wichtig um die deutsche Krisenpolitik zu verstehen. Er wird von Politikern zur Kommunikation mit der Bevölkerung benutzt. Ordoliberalismus wird in deren Reden, Interviews und Namensartikeln zur Legitimierung der deutschen Vorgehensweise explizit herangezogen. Dabei wird das Kulturelle Wertefundament des Ordoliberalismus implizit benutzt. Protestantische und deistische Argumente zu Regeln, individueller Verantwortung und Haftung wie man sie bei Eucken, Böhm, Rüstow und Röpke findet werden mit einer verzerrten historisierenden Sicht auf das Wirtschaftswunder und die Rolle prominenter Protestantisch-Ordoliberaler Politiker wie Ludwig Erhard und Müller-Armack in den 50er Jahren verknüpft um die deutsche Krisenpolitik zu erklären. Der Beitrag stützt sich empirisch auf eine Analyse aller Reden von Finanzminister Wolfgang Schäuble, Bundesbank Präsident Jens Weidmann und Kanzlerin Merkel zwischen 2010 und 2015 und etwa 20 Interviews mit führenden Ökonomen, höheren Beamten im Kanzleramt, Finanzministerium und Wirtschaftsministerium.
Walter O. Ötsch: “Der Markt” als Kollektivgedanke eines machtvollen Denkkollektivs
Der Ordoliberalismus stand seit seiner Entstehung immer mit anderen theoretischen Richtungen in engem Austausch. Ein Angelpunkt bildete dabei Friedrich August (von) Hayek, der schon ab 1909 mit Ordoliberalen in Kontakt kam und später mit fast allen führenden ordoliberalen Ökonomen vernetzt war. Hayek (der 1923 in den USA studierte) nützte seine Professor an der London School of Economics zum Aufbau eines Netzwerkes, das die Ordoliberalen direkt mit Personen in England, in Frankreich (zentral war der Philosoph Louis Rougier), Schweiz (hier war ab 1934 Wilhelm Röpke) und den USA (die wichtigste Person war Henry C. Simons, bei ihm hatte später Milton Friedman seinen Master gemacht) in Kontakt brachte. Köhler und Kolev (HWWI Research Paper, Nr. 109 aus 2011) sprechen dabei von einem gemeinsamen Forschungsprogramm mit einer gemeinsamen politischen Stoßrichtung. Daraus gingen bekanntlich das Colloque Walter Lippmann (1938) und die Mont Pèlerin Society (MPS, 1947) hervor, man versuchte das genannte Netzwerk mit einer „Zentrale“ zu institutionalisieren.
Speziell die MPS vereinigte gut ein Dutzend ökonomischer Theorien, die herkömmlich (methodisch und inhaltlich definiert) als Gegensätze gelten, – so kann man z.B. den Ordoliberalismus von einem „Chicago-Neoliberalismus“ abgrenzen und die Wirkungsgeschichte der MPS anhand dieser Gegensätze (z.B. die so genannte Hunold-Affaire ab 1960, in dessen Folge einige Ordoliberale die MPS verließen) interpretieren. Im Gegensatz dazu haben wir in dem von Stephan Pühringer bei dieser Konferenz vorgestellten Projekt versucht, auf die theoretischen Gemeinsamkeiten der Paradigmen und Theorien in der MPS zu reflektieren. Diese liegen auf einer tieferen Ebene als sie mit dem Begriff „Paradigma“ bezeichnet werden. Sie stellen nach unserer Deutung „Kollektivgedanken“ eines Denkkollektivs in der Bedeutung von Ludwik Fleck dar. Zentral ist dabei für das besprochene Netzwerk (das die Ordoliberalen inkludiert) das Konzept „des Marktes“ im Singular, der z.B auch wie ein eigenständig agierender Akteur beschrieben wird, dem die Politik nicht zu „beunruhigen“ hat. Dieses Konzept wurde kategorial erstmals von Ludwig (von) Mises formuliert. Es kann anhand von mehreren Dutzend Basissätzen beschrieben werden, diese können bei allen unterschiedlichen Theorien im Netzwerk um die MPS (auch bei den Ordoliberalen) nachgewiesen werden. Die Wirkungsgeschichte der MPS und der von den Ordoliberalen gegründeten Netzwerken in Deutschland (auf sie geht Stephan Pühringer in seinem Referat ein) werden als „Netzwerke des Marktes“ verstanden, – mit der Wirkung bis heute, z.B. Angela Merkels Diktion, „die parlamentarische Mitbestimmung so zu gestalten, dass sie trotzdem auch marktkonform ist, also dass sich auf den Märkten die entsprechenden Signale ergeben“ (Presseamt der deutschen Bundesregierung 2011).
Ralf Ptak: Das Staatsverständnis des Ordoliberalismus. Was vom deutschen Sonderweg im Neoliberalismus geblieben ist
Im originären deutschen Neoliberalismus spielt der Staat eine herausragende Rolle im Ziel der Durchsetzung und Stabilisierung einer marktkonformen Gesellschaftsordnung. Walter Eucken sprach in diesem Zusammenhang von einem „Interventionismus der Staatsräson“. Diese Vorstellung des Ordoliberalismus führte nicht nur zu Konflikten mit den angelsächsischen Strömungen des Neoliberalismus, die ihren deutschen Kollegen konstruktivistisches Denken unterstell(t)en und eine Überhöhung des Staates vorwarfen. Vielmehr zeigte sich seit den 1950er-Jahren auch immer deutlicher, dass das ordoliberale Staats- und Gesellschaftsverständnis in seinem autoritären Charakter kaum mit den Grundsätzen einer sozialen Demokratie vereinbar ist. Nicht zuletzt deshalb ist seit den 1980er-Jahren eine langsam sich verstärkende Absetzbewegung der Nachfolger des deutschen Neoliberalismus von ihren ordoliberalen Wurzeln zu konstatieren, die mittlerweile fast den Charakter einer Distanzierung aufweist. Da aber andererseits der Rückgriff auf das ordoliberal beeinflusste Narrativ von „Wirtschaftswunder“ und erfolgreicher Ordnungspolitik in der „Sozialen Marktwirtschaft“ politischen Einfluss und Ressourcen sichert, wird der originäre Ordoliberalismus abseits des Wissenschaftsbetrieb weiter hochgehalten. Im wirtschaftswissenschaftlichen Sinne ist allerdings kaum mehr von einem spezifischen deutschen Neoliberalismus als vielmehr von einem (angelsächsischen) Neoliberalismus in Deutschland zu sprechen.
Stephan Pühringer: Zur zentralen Rolle ordoliberaler Netzwerke in wirtschaftspolitischen Reformprozessen in Deutschland
Der Ausbruch der Finanzkrise und deren massive und weiter andauernde wirtschaftspolitische Auswirkungen stellten einzelne Staaten, in Folge aber immer stärker auch die Europäische Union vor große Herausforderungen. In der EU-Krisenpolitik übernahm dabei Deutschland, sowohl aufgrund seiner wirtschaftlichen Stärke als auch aufgrund seiner Rolle als Hauptgläubiger im Zuge der Staatschuldenkrise eine immer zentralere Rolle (Crome 2012, Kudnani 2011). Dabei wurde Deutschland als neuer, wenn auch „widerwilliger“ Hegemon (Bulmer/Paterson 2013) der EU bezeichnet, was sich in der Debatte um den Europäischen Fiskalpakt oder den ESM wie auch in der Eurokrise generell zeigte. Gleichzeitig wurde in diesem Zusammenhang auch von einer „Wiederkehr“ des Ordoliberalismus gesprochen, der sich schon im deutschen Beitrag zur Gründung der EU (Nedergaard 2013, Sawyer 2016) manifestiert habe.
In diesem Kontext wird ein „Return des Ordoliberalismus“ (Bonefeld 2012, Young 2014), ein „langer Schatten des Ordoliberalismus“ (Dullien/Guerot 2012), eine „ordoliberale Transformation Europas“ (Biebricher 2013) oder sogar eine „Ordoliberalisierung Europas“ (Blyth 2013) konstatiert, was wiederum insbesondere von ordoliberalen ÖkonomInnen als zu einseitige Darstellung kritisiert wird (Feld et al. 2015). Es zeigt sich also, dass in der EU-Krisendebatte eine neue Debatte über die Bedeutung des Ordoliberalismus in der Wirtschaftspolitik entfacht wurde. Die These eines „langen Schattens“ des Ordoliberalismus aufgreifend, wird im Rahmen dieses Vortrags gezeigt, dass ordoliberales Denken von seinen Anfängen in der Freiburger Schule der 1930er Jahre rund um Eucken, Miksch und Böhm ausgehend, in unterschiedlichen Kontexten konstitutiv für wirtschaftspolitische Reformprozesse in Deutschland war. Die empirische Datenbasis bilden dabei die Ergebnisse eines mehrjährigen Forschungsprojekts zur personen- und institutionenzentrierten Wirkungsgeschichte der deutschen Volkswirtschaftslehre in der Nachkriegszeit, die die Vernetzung von (ordoliberalen) ÖkonomInnen zu wirtschaftspolitischen Institutionen und Think Tanks ins Zentrum stellen (Ötsch/Pühringer 2015).
Konkret wird dabei mit Hilfe einer personellen und institutionellen Sozialen Netzwerkanalyse der potenzielle Einfluss neo- bzw. ordoliberaler ÖkonomInnen bzw. neo- bzw. ordoliberaler Interessenskoalitionen im Zuge der „monetaristischen Wende“ (Richter 1999) der Bundesbank Anfang der 1970er sowie der „neoliberalen Wende“ in der Wirtschaftspolitik nach 1981 (Werding 2008, Leaman 2009) aufgezeigt.
Friedrun Quaas: Der spezifische Liberalismus von Hayek als Polarisationsprisma. Neues ordnungsökonomisches Denken versus New Austrians
Friedrich August von Hayek dient unterschiedlichen modernen neoliberalen Positionen als Vordenker. Dem ersten Anschein nach bildet der von ihm präferierte Freiheitsbegriff ein für diesen Zweck einigendes Band. Tatsächlich jedoch bündeln sich in seinem Denken die theoretischen Freiheitskonzeptionen sehr verschiedener Schulen, die er im Verlauf seines Wissenschaftlerlebens persönlich erfahren hat und die in seinem Werk Spuren hinterlassen haben: (i) der Liberalismus der Österreichischen Schule (geprägt durch seinen Mentor und zeitweiligen Mitstreiter Ludwig von Mises), (ii) die liberale Fraktion an der London School of Economics (Lionel Robbins versus Fabianismus und Keynesianismus), (iii) der Kontakt zur Chicago School während seines Jahrzehnts in den USA sowie schließlich (iv) der Ordoliberalismus der Freiburger Schule. Beim praktisch-politischen Versuch, die genannten Ansätze gegen den klassischen Liberalismus gemeinsam in Stellung zu bringen und zu einem neuen liberalen Programm zu vereinen, musste Hayek selbst erkennen, dass Unverträglichkeiten zwischen ihnen auftreten. Wenn die Gründungssitzung der Mont Pèlerin Society dennoch den „Neoliberalismus“ hervorbrachte, dann nur, weil die marktradikale Fraktion, der Hayek in diesem Kontext nachgab, sich behauptete. Allerdings ließ Hayek auch keinen Zweifel daran, dass er dem Kernanliegen der Ordoliberalen, ordnungspolitische Aufgaben des Staates zu definieren, zustimmte. Derartige Mehrdeutigkeiten führen einerseits bei der Verortung Hayeks zum Neoliberalismus immer wieder zu Irritationen, andererseits wird der Umstand begünstigt, dass sein spezifischer Liberalismus durch nachfolgende Generationen im Sinne der eigenen Positionszugehörigkeit gebrochen, zurechtgebogen und schließlich vereinnahmt werden kann. Ob Hayek eher ein Libertärer oder doch ein Ordoliberaler war, lässt sich letztlich nur schwer entscheiden - eine Beurteilung erfordert zumindest die Berücksichtigung der kryptischen Vielschichtigkeit seines einfachen Begriffes von Freiheit als Abwesenheit von Zwang und der darauf basierenden Auffassung zum Verhältnis von Markt und Staat.
Philip Wolter: Neoliberale Denkfiguren in der Presse: Wie ein Wirtschaftskonzept die Meinungshoheit eroberte
„Weniger Staat, mehr Markt.“ So lautete ein Slogan der konservativ-liberalen Koalition unter Helmut Kohl. Tiefere Schnitte ins Sozialsystem, Steuersenkungen in größerem Stil und weiter reichende Eingriffe ins Arbeitsrecht vollzog jedoch die folgende, von Gerhard Schröder geführte rotgrüne Bundesregierung. Um die Jahrtausendwende waren neoliberale Positionen über Parteigrenzen hinweg mehrheitsfähig. Wie kam es dazu? Einen erheblichen Anteil am Vormarsch staatsfeindlicher und marktfreundlicher Denkmuster hatten die sogenannten Leitmedien. Eine Inhaltsanalyse zeigt: Anfang der 1980er Jahre argumentierte noch die Hälfte der führenden Printmedien gegen neoliberale Politikentwürfe. 20 Jahre später war die Kritik an der „reinen Marktlehre“ beinahe verstummt. Vollzieht man den Wandel des wirtschafts- und sozialpolitischen Meinungsklimas im Zeitverlauf am Beispiel des „Spiegel“ nach, so wird deutlich: Neoliberale Gedankengänge waren durchaus auch im linken Teil des politischen Spektrums anschlussfähig.
ReferentInnen
Dr. Thomas Biebricher
Vertretung der Professur Politische Theorie und Philosophie, Goethe-Universitat Frankfurt, Fachbereich Gesellschaftswissenschaften, Institut für Politikwissenschaft, PEG-Gebäude, Raum 3.G.050, Theodor-W.-Adorno-Platz 6, 60629 Frankfurt am Main.
Früher DAAD Visiting Assistant Professor am Department of Political Science der University of Florida in Gainesville sowie DAAD Visiting Assistant Professur am Institute for European Studies der University of British Columbia in Vancouver
Forschungsschwerpunkte: Politische Theorie, Vergleichende Politikwissenschaft, Poststrukturalismus, Staatstheorie, Marxismus
Publikationen: Power in Neoliberal Thought. Journal of Political Power 2014; Sovereignty, Norms, and exception in Neoliberalism, in: Qui Parle? 2014; Neoliberalism and Democracy, in: Constellations 2015; Neoliberalismus zur Einführung. Hamburg: Junius (2015) 2. erweiterte Auflage; mit Frieder Vogelmann (Hrsg.): The Birth of Austerity: German Ordoliberalism and Contemporary Neoliberalism. London: Rowman and Littlefield International 2017 (erscheint im September).
Prof.em.Dr. Harald Hagemann
Lehrstuhl für Wirtschaftstheorie, Universität Hohenheim, Schloss Hohenheim Mittelhof Ost, 70599 Stuttgart
Volkswirt, Life Member Clare Hall, University of Cambridge; lehrte an den Universitäten Kiel, der FU Berlin und Bremen, als Theodor Heuss Professor an der New School for Social Research New York sowie als Visiting Professor u.a. an der Meiji University Tokyo, Paris 1 Pantheon Sorbonne, Université Lyon 2, Université Strasbourg, University of Sydney, Universität Graz, Johannes Kepler Universität Linz und an der Universität Bologna.
Hauptgebiete in der Forschung: Makroökonomische Theorie und Politik; Technologischer Wandel und Beschäftigung; Wachstum und Strukturwandel; Geschichte des ökonomischen Denkens/Deutschsprachige wirtschaftswissenschaftliche Emigration nach 1933
Letzte Publikationen: German Influences on American Economic Thought and American Influences on German Economic Thought (Hrsg.), Studien zur Entwicklung der ökonomischen Theorie XXXII, Berlin; Do Productive Recessions Show the Recuperative Powers of Capitalism? Schumpeter’s Analysis of the Cleansing Effect (mit Muriel Dal Pont Legrand), Journal of Economic Perspectives 2017; Business Cycles and Growth, in Handbook of Economic Analysis, 2017, Game Theory modeling for the Cold War on both sides of the Iron Curtain, History of the Human Sciences 2016.
Josef Hien
Post Doktorand an der Universität Mailand. Er forscht im Rahmen des vom European Research Council geförderten Projects REScEU (Reconciling Social and Economic Europe) an einer Wirkungsgeschichte des Ordoliberalismus in Deutschland und Europa. Hien ist zur Zeit Gastforscher am Wissenschaftszentrum Berlin. Er war post-doc am Max Planck Institut für Gesellschaftsforschung in Köln, am Collegio Carlo Alberto und in Moncalieri/Turin. 2014 bekam er vom Wissenschaftszentrum Berlin eine A.SK-Award für seine Forschung zur politischen Ökonomie von wirtschaftlichen Reformprozessen. Hien hat am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz promoviert.
Prof.Dr. Walter Ötsch
Senefelderstraße 9, 4020 Linz; Cusanus Hochschule, Postfach 1146, 54461 Bernkastel-Kues
Professur für Ökonomie und Kulturgeschichte an der Cusanus-Hochschule, em.Prof. an der Johannes Kepler Universität Linz, hat dort das Zentrum für Soziale und Interkulturelle Kompetenz sowie das Institut für die Gesamtanalyse der Wirtschaft aufgebaut und geleitet. Gastprofessuren an der
Aktuelle Forschungsprojekte betreffen die Wirkung des ökonomischen Denkens auf die Gesellschaft und institutionelle Aspekte des Wirtschaftssystems. Er gibt im Verlag Metropolis die Reihe Kritische Studien zu Markt und Gesellschaft (mit bisher 10 Titeln) heraus.
PD Dr. Ralf Ptak
Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät, Gronewaldstraße 2, D-50931 Köln
Volkswirt und Privatdozent für Wirtschaftswissenschaft mit dem Schwerpunkt Ökonomische Bildung an der Universität Köln. Arbeitsschwerpunkte: Ökonomische Theoriegeschichte, (historische) Wirtschaftspolitik, Politische Ökonomie der Bildung, Kritische Markttheorie, Angewandte und Theoretische Ökonomische Bildung, Ökonomische Programmatik der Extremen Rechten. Mitglied der Gruppe Alternative Wirtschaftspolitik, im Netzwerk Plurale Ökonomik und im Wissenschaftlichen Beirat von Attac.
Letzte Veröffentlichungen: Von der Kritik am Ökonomismus zur permanenten Ökonomisierung: eine sozioökonomische Analyse mit exemplarischem Blick auf das Schulwesen , in: Sigrid Hartong / Björn Hermstein / Thomas Höhne (Hrsg.), Ökonomisierung von Schule – Ansätze, Kontroversen und empirische Fallstudien, Weinheim: Beltz (2017, im Erscheinen); Das Staatsverständnis im Ordoliberalismus. Eine theoriegeschichtliche Analyse mit aktuellem Ausblick, in: Thomas Biebricher (Hrsg.), Der Staat des Neoliberalismus, Reihe Staatsverständnisse, Bd. 92, Baden-Baden: Nomos, 2016, S. 31-73.
Dr. Stephan Pühringer
Institut für die Gesamtanalyse der Wirtschaft, Johannes Kewpler Universität Linz, Altenbergerstraße 69, 4040 Linz.
Sozialwirt und Ökonom, ist Post-doc Researcher am Institut für Ökonomie der Cusanus Hochschule Bernkastel-Kues und am Institut für die Gesamtanalyse der Wirtschaft der Universität Linz, sowie Lehrbeauftragter an der Katholischen Universität Linz. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen Politische Ökonomie, Wirtschaftssoziologie, die diskursive und politische Wirkmächtigkeit der Ökonomie sowie die Ideengeschichte neoliberalen und ordoliberalen Denkens
Neuere Publikationen: The success story of ordoliberalism as guiding principle of German economic policy. In: Joerges, C./ Hien, J. (ed.): Ordoliberalism:, Law and the Rule of Economics. London: Hart Publishing (forthcoming); The “eternal character” of austerity measures in European crisis policies. Evidences from the Fiscal Compact discourse in Austria. In: Ali, T./Lebduskova, E./Power, K. (ed.): Austerity discourses: An interdisciplinary critical analysis. London: Routledge (forthcoming); Right-wing populism and market-fundamentalism. Journal of Language and Politics. DOI: 10.1075/jlp.17027.ots., mit W. Ötsch, 2017; Markets as “ultimate judges” of economic policies - Angela Merkel´s discourse profile during the economic crisis and the European crisis policies. On the Horizon 23(3) (special issue on Language and Economics), 2015 246-259.
Prof. Dr. Friedrun Quaas
apl. Professur VWL/Evolutorik, Universität Leipzig, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Institut für Öffentliche Finanzen und Public Management, Grimmaische Straße 12, 04109 Leipzig.
Mathematikerin und Volkswirtin, lehrte bis 2004 auch an der Frankfurt School of Finance & Management und an der Fernhochschule Hamburg, mehrfach Gastprofessorin an der Université Lumière Lyon 2
Forschungsschwerpunkte: Geschichte der ökonomischen Theorie, Ordnungspolitik und Soziale Marktwirtschaft, Wirtschaftsethik
Publikationen (Auswahl): Sozial Großgeschrieben. Ludwig Erhard und Alfred Müller-Armack, Politische Meinung, 2017; Die schleichende Dekonstruktion der Sozialen Marktwirtschaft zum neoliberalen Projekt, in: Markt! Welcher Markt?. Der interdisziplinäre Diskurs um Märkte und Marktwirtschaft, hrsg. von W. Ötsch, K. Hirte, St. Pühringer, L. Bräutigam, Marburg, 2015; Orthodoxer Mainstream und Heterodoxe Alternativen. Eine Analyse der ökonomischen Wissenschaftslandschaft, Working Paper, No. 129, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Leipzig 2014; Der Geltungsanspruch der New Austrians, in Booms, Busts und blinde Flecken. Zwischen Krisentheorie und Systemkritik, hrsg. vom Forschungsseminar Politik und Wirtschaft, Marburg, 2013; Die Österreichische Schule der Nationalökonomie, Darstellung, Kritiken und Alternativen, (mit Georg Quaas), Marburg 2013.
Dr. Philipp Wolter
Gladbacher Straße 55, 40219 Düsseldorf.
1994 bis 2000 VWL-Studium in Göttingen, 2001 Volontariat beim Finanzen Verlag in München (inkl. Axel-Springer-Journalistenschule Berlin), 2003 bis 2005 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Ludwig-Erhard-Stiftung in Bonn, seit 2006 Redakteur des Informationsdienstes „Böckler Impuls“ der Hans-Böckler-Stiftung, ab 2014 Referatsleiter, 2016 Promotion in Soziologie an der Uni Duisburg-Essen.
Hauptsächliches Forschungsinteresse: Ökonomische Theorie/Ideologie und ihre politische Durchsetzung
Veröffentlichungen: diverse journalistische Publikationen, Neoliberale Denkfiguren in der Presse: Wie ein Wirtschaftskonzept die Meinungshoheit eroberte, Metropolis, Marburg 2016.