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"Neural Networks Pioneer Award" für KI-Pionier Hochreiter

LIT AI-Lab-Leiter Sepp Hochreiter hat den "IEEE Computational Intelligence Society Neural Networks Pioneer Award 2021" erhalten.

Sepp Hochreiter

Künstliche Intelligenz. Deep Learning. Digitalisierung, Industrie 4.0. Alles Schlagworte, die zeigen, wie sehr Artificial Intelligence unsere Welt prägt. Möglich gemacht haben das Pioniere wie Sepp Hochreiter. Der Professor für Machine Learning und Leiter des LIT AI Labs hat mit seiner Arbeit zum Long short-term memory (LSTM) die moderne AI erst möglich gemacht. Dafür wurde er oft geehrt und ausgezeichnet – und erhielt nun sogar den 2021 IEEE CIS Neural Networks Pioneer award. Ein AI-Forschungs-Preis, der in seiner Bedeutung nur noch vom Turing Award übertroffen wird.

Da es keinen Nobelpreis für Informatik gibt, hat der Turing Preis eine entsprechende Stellung. Fast alle Preisträger haben zuvor den IEEE CIS Neural Networks Pioneer Award erhalten. Bekommen Sie nächstes Jahr den Turing Award?
Sepp Hochreiter: (lacht) Naja, bei meinem Vorgänger war’s tatsächlich so. Aber Preise sind mir nicht so wichtig. Ich hab mich natürlich total gefreut, klar. Aber ich habe LSTM vor mehr als 20 Jahren entwickelt, jetzt stehen andere Projekte im Fokus.

Zum Beispiel?
Sepp Hochreiter: Wir haben da einiges, an dem wir arbeiten. Mit Modern Hopfield Networks, die verbesserte Deep Learning Methoden ermöglichen. Außerdem forschen wir an Few Shot Learning. Hier braucht die KI nur noch wenige Beispiele, um sich etwa auf einen neuen Kunden einzustellen. Bislang müssen die Systeme bei jedem neuen Kunden mehr oder weniger bei 0 beginnen, unser System ist da viel effizienter. Und wir sind noch an ein paar anderen Themen dran.

Sie betonen immer wieder, dass Europa einen großen Rückstand im Bereich KI hat, verglichen mit den USA und China. Das europäische AI-Forschungs-Netzwerk ELLIS soll das ändern. Haben wir bereits ein bisschen aufgeholt?
Sepp Hochreiter: In der Forschung stehen wir eh gut da, speziell an der Johannes Kepler Universität Linz. Hier haben wir eine Technologie entwickelt, die gerade von Amazon übernommen worden ist. Und das ist das Problem: Wir hinken nicht so sehr in der Forschung zurück, als vielmehr in der Anwendung. Amerikaner und Chinesen verwerten die Ergebnisse schneller. Aber ich habe den Eindruck, dass viele europäische Firmen wie zum Beispiel AUDI immer aufgeschlossener werden. Und auch, dass mehr Start-ups in diesem Bereich entstehen.

Man liest von KI, die auf einem Bild Hund und Katze nicht unterscheiden kann. Andere Artikel warnen vor einer Superintelligenz, die den Menschen ablöst. Zwei Extreme - Wo stehen wir denn wirklich?
Sepp Hochreiter: Das Thema KI ist halt von Hollywood vorbesetzt. Und in Filmen wie in Terminator oder Matrix braucht es Spannung. In Wahrheit sind wir KI-technisch in Nischen sehr gut dabei. Aber selbst da, wo es gut funktioniert, braucht es eine gute Aufbereitung. Bei Bilderkennung muss das Foto gut sein, damit die KI damit arbeiten kann. Aber KI besteht bislang nur aus mathematischen Formeln. Das bedeutet, sobald etwas an der Umgebung verändert wird, geht die Sache schief.

Woran liegt das?
Sepp Hochreiter: KI hat kein Weltverständnis. Ein Kind lernt früh, Objekte von Nicht-Objekten zu unterscheiden. Das heißt: Es versteht, was zu einem Objekt gehört und was nicht. Es kennt das Wort Katze nicht, aber es weiß, was zu diesem Tier gehört und was nicht. KI lernt anders. Es erkennt: Das ist eine Katze. Ist der Schwanz weg, erkennt die KI die Katze nicht mehr. Das Kind schon.

Man hört aber von KI, die zum Beispiel schon selbstständig Restaurant-Termine buchen kann.
Sepp Hochreiter: Ja, die KI wurde mit so vielen Daten gefüttert, dass sie passende Worte raussuchen kann. Aber der Unterschied wird bei selbstfahrenden Autos deutlich. Wenn der Wind eine Plastiktonne auf die Straße weht, kann der Mensch sehr rasch entscheiden, ob er gegen die Tonne fährt oder gegen die parkenden Autos am Straßenrand. Der Mensch kann das, obwohl er das vielleicht noch nie erlebt hat. Der KI fehlt das Weltverständnis des Menschen. Sie kann nicht einschätzen, ob Autos oder die Mülltonne mehr wert ist. Wenn man sich mit der Materie beschäftigt sieht man deutlich: Der Unterschied zwischen Mensch und KI ist einfach gigantisch.