Der jüngste Bildungsbarometer der JKU beleuchtet die Befürchtungen von Eltern aufgrund des anhaltenden Lehrkräftemangels in Österreich.
In der fünften Ausgabe des „JKU Bildungsbarometers“ wurden österreichweit 1.165 Eltern schulpflichtiger Kinder zwischen 10 und 20 Jahren befragt. „Die Ergebnisse zeichnen ein klares Bild: Die Eltern nehmen immer stärker einen Lehrkräftemangel wahr, was zunehmend als Bedrohung für die Bildungsqualität wahrgenommen wird und die Besorgnis der Eltern über die schulische Zukunft ihrer Kinder weiter verstärkt“, so Studienleiter Univ.-Prof. Christoph Helm. Die Studie hat nun diesen empfundenen Lehrkräfte-Mangel untersucht.
Wahrnehmung der Folgen des Lehrkräftemangels
45% der befragten Eltern geben an, bereits direkt mit den Auswirkungen des Lehrkräftemangels an den Schulen ihrer Kinder konfrontiert gewesen zu sein. Besonders betroffen sind dabei Mittelschulen, wo fast die Hälfte der Eltern (48%) über negative Konsequenzen berichteten, im Vergleich zu 42% bei Gymnasien. Auffällig ist auch, dass Eltern von Kindern, die Nachhilfe in Anspruch nehmen, vermehrt negative Auswirkungen wahrnehmen (53% gegenüber 43% bei Eltern von Kindern ohne Nachhilfe).
Die Eltern äußerten insbesondere Bedenken bezüglich unbesetzter Lehrer*innenstellen und dem Ausfall von Unterrichtsstunden. 65% erwarten eine stärkere bis sehr starke Zunahme solcher Ausfälle, während 60% mit dem verstärkten Einsatz von Personen ohne pädagogischer Ausbildung rechnen.
Die Zunahme von fachfremd unterrichtenden Lehrkräften und Studierenden ohne abgeschlossenes Lehramtsstudium wird ebenfalls als signifikant wahrgenommen. Fast ein Viertel der Eltern fürchtet sogar, dass Schulschließungen infolge von Personalmangel in Zukunft häufiger auftreten könnten.
Verschlechterung der Schul- und Unterrichtsqualität erwartet
Ein zentraler Punkt der Befragung war die Einschätzung der Auswirkungen des Lehrkräftemangels auf die Lehrqualität. Die Mehrheit der Eltern erwartet in nahezu allen Bereichen eine Verschlechterung der Möglichkeiten der Lehrkräfte, den Stoff umfassend zu vermitteln. Besonders stark ausgeprägt ist die Sorge, dass die Lehrkräfte weniger in der Lage sein werden, auf die individuellen Bedürfnisse der Schüler*innen einzugehen und deren Stärken zu fördern. 57% der Eltern erwarten hier eine starke Verschlechterung. Auch beim Erklären von Inhalten sowie beim Wecken des Interesses der Kinder werden negative Veränderungen befürchtet.
Die Analysen zeigen, dass Eltern insbesondere für die Hauptfächer (wie Mathematik) negative Effekte des Lehrkräftemangels befürchten, unabhängig vom Lernziel und unabhängig davon, ob Quereinsteiger*innen oder fachfremd Unterrichtende den Unterricht ihrer Kinder gestalten.
Darüber hinaus berichten jene Eltern, die Konsequenzen des Lehrkräftemangels bereits bemerken, von einer deutlich geringeren Zufriedenheit mit der Qualität der Schule ihrer Kinder. Es liegt daher nahe, dass der Lehrkräftemangel bereits jetzt negative Auswirkungen auf die Schulqualität hat – zumindest aus der Sicht der Eltern.
Bewertung der Maßnahmen gegen den Lehrkräftemangel
Die befragten Eltern zeigten bezüglich unterschiedlicher in den Medien vorgeschlagener Maßnahmen zur Bekämpfung des Lehrkräftemangels ein heterogenes Stimmungsbild. Während der Einsatz von mehr Unterstützungspersonal, wie z.B. Schulpsycholog*innen und administrativem Personal, und die Erhöhung der Lehrer*innengehälter von immerhin 57% bzw. 48% der Eltern als sinnvoll oder sehr sinnvoll bewertet wurden, wurden der vermehrte Einsatz von Studierenden und die Verkürzung des Lehramtsstudiums eher kritisch gesehen. Eine klare Ablehnung fand auch der Vorschlag, die Klassengrößen zu erhöhen – 75% der Eltern hielten dies für eine weniger sinnvolle bis gar nicht sinnvolle Maßnahme.
Eltern sehen steigende Verantwortung
Der Lehrkräftemangel führt nicht nur zu Herausforderungen im Schulalltag, sondern auch zu einem steigenden Druck auf die Eltern, ihre Kinder im Lernprozess stärker zu unterstützen. 49% der Eltern sind bereit, ihre Kinder vermehrt bei den Hausaufgaben zu unterstützen, und 47% gaben an, sie gezielt vor Klassenarbeiten und Referaten zu fördern. Doch es gibt auch Grenzen: Rund ein Drittel der Eltern lehnt eine stärkere Beteiligung am Lernprozess ab, vermutlich weil ihnen dazu die Ressourcen fehlen.
Studie sieht Vertrauensverlust
Die Studie der JKU zeigt, dass der Lehrkräftemangel das Vertrauen der Eltern in die Bildungsqualität ihrer Kinder stark beeinträchtigt. Die Studie verdeutlicht, dass sowohl Maßnahmen auf politischer Ebene als auch eine stärkere Unterstützung der Schulen dringend erforderlich sind, um die negativen Folgen für die Kinder abzufedern.
Der detaillierte Forschungsbericht ist unter https://epub.jku.at/urn/urn:nbn:at:at-ubl:3-23741, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster einsehbar (DOI: https://doi.org/, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster10.35011/jbb.2024-5, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster).