Marco Da Silva forscht und lehrt am Institut für Elektrische Messtechnik der TNF.
In welchem Bereich forschen Sie?
Marco Da Silva: Ich beschäftige mich mit der Konzipierung, Entwicklung und Erprobung von Mess- und Sensorsystemen. Angefangen bei chemischen und physikalischen Sensorprinzipien bis hin zu verarbeitenden Messsystemen sowie Methoden zur Messdatenverarbeitung forsche ich in der gesamten Messkette. Überall dort, wo völlig neue oder tiefere bzw. detaillierte Informationen von Messobjekten benötigt werden (z.B. in der Medizin, aber auch in der Industrie), kann man mit innovativer Mess- und Sensortechnik Licht in diese Problematik bringen.
Warum haben Sie sich für die JKU entschieden?
Marco Da Silva: Die Mechatronik an der JKU hat einen sehr guten internationalen Ruf. Außerdem ist es für mich sehr attraktiv, zwischen den Bereichen Mechanik, Elektrik, Elektronik und Informatik an der TNF mit vielen kompetenten Kolleg*innen tätig zu sein.
Was begeistert Sie an diesem Bereich?
Marco Da Silva: Eine gute Eigenschaft eines Messtechnikers ist meiner Meinung nach Empathie, also sich in eine andere Rolle zu versetzen. Technisch gesehen bedeutet dies, zunächst ein gutes Verständnis für eine bestimmte Anwendung und die damit verbundenen Probleme zu haben. Darauf aufbauend kann eine optimierte Messlösung spezifiziert werden. Die Mess- und Sensortechnik als Querschnittsdisziplin ermöglicht ein Arbeiten in den unterschiedlichsten Bereichen, erfordert aber gleichzeitig die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Akteuren (Wissenschaftler*innen, Ingenieur*innen, Entscheidungsträger*innen). Man wird aufgefordert, über den Tellerrand hinaus zu denken. All das reizt mich und stellt ein attraktives Forschungsfeld dar.
Wofür ist diese Forschung überhaupt notwendig bzw. wie verbessert sie unser Leben?
Marco Da Silva: Die Messtechnik ist eine Schlüsseltechnologie. Der Fortschritt in Wissenschaft und Technik basiert auf Messungen. „To measure is to know“ sagte einst Lord Kelvin. In jüngerer Zeit spielt die Mess- und Sensortechnik angesichts des aktuellen Trends der Digitalisierung eine immer wichtigere Rolle. Zum Beispiel bietet die digitale Transformation in der Industrie die Möglichkeit, komplexe kostenintensive Produktionsprozesse verstärkt zu automatisieren, was wiederum ein wesentlicher Schritt hin zu Energieeinsparung, verbesserter Produktqualität und verbesserter Anlagesicherheit darstellt.
Mess- und Sensorsystemen sind dabei die Hauptinformationsquelle von Produktionszuständen und spielen daher eine Schlüsselrolle im Digitalisierungsprozess. Besondere Herausforderungen bestehen dabei in der Prozessindustrie, also der Massenproduktion von Metallerzeugnissen, Chemikalien und Lebensmitteln, aber auch in Prozessen der Energieerzeugung und Wandlung.
Warum sollten sich Studierende Sie als Lehrenden wünschen?
Marco Da Silva: Meiner Meinung nach ist der Lehr-Lern-Prozess keine Einbahnstraße. Ich pflege einen offenen Dialog mit Studierenden. Meine Lehrveranstaltungen versuche ich ständig zu verbessern, indem ich sowohl interaktiv mit den Studenten*innen arbeite, als mich auch didaktisch fortbilde.
An welchem Projekt arbeiten Sie momentan konkret?
Marco Da Silva: Ich arbeite in Zusammenarbeit mit Brasilien an einem Projekt zur genauen Durchflussmessung von kohlendioxidreichen Gemischen mit Anwendung in der Öl- und Gasindustrie. In einem weiteren Projekt beschäftige ich mich mit Verfahren der Prozesstomographie und spektraler Impedanzmesstechnik zur Visualisierung von Mehrphasenströmungen.
Welche Hobbys haben Sie?
Marco Da Silva: Ich mag reisen und neue Kulturen kennenlernen. Ich lese gerne historische sowie Science-Fiction-Bücher. Wandern macht mir auch viel Spaß. Früher bin ich öfters ins Stadion gegangen, um Fußballspiele zu schauen, aber seit Corona war ich bei keinem Spiel mehr. Hoffe auf guten Fußball in Oberösterreich.
Was wollen Sie in Ihrem Leben unbedingt noch machen oder erreichen?
Marco Da Silva: Ich habe vor, in diesem Winter Skifahren zu lernen. Die schönen Ecken Österreichs möchte ich in den nächsten Jahren mit meiner Frau und meinen drei Töchtern entdecken. Beruflich möchte ich durch innovative Mess- und Sensortechnik industrielle Prozesse immer detaillierter sichtbar machen. Damit sollen Herausforderungen der Energie-, Verfahrens- und Umwelttechnik gemeistert werden.
Zur Person
Marco Da Silva studierte Elektrotechnik sowohl an der Technischen Universität Dresden als auch an der Technischen Bundesuniversität Paraná (UTFPR) in Brasilien. Er promovierte im Jahr 2008 zum Dr.-Ing. an der TU Dresden. Von 2004 bis 2009 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf. Im Jahr 2010 wechselte er als Assistenzprofessor an die Technischen Bundesuniversität Paraná. Von 2013 war er Assoziierter Professor am Department of Electrical and Computer Engineering (CPGEI) und von 2017 bis 2022 stellvertretender Leiter des Multiphase Flow Center (NUEM) an der UTFPR. Seit Oktober 2022 ist Professor Da Silva Vorstand des Instituts für Elektrische Messtechnik an der JKU, wo er im Fachbereich Mechatronik forscht und lehrt. Seine Forschungsinteressen umfassen Messtechnik, Sensoren und Instrumentierung für industrielle Prozesse und insbesondere für die Überwachung von Mehrphasenströmungen. Er ist Autor/Co-Autor von über 200 wissenschaftlichen Zeitschriften- und Konferenzbeiträgen und erhielt 5 Patente. Prof. Da Silva ist Associate Editor-in-Chief des IEEE Sensors Journal und zudem Mitglied des Editorial Board von Measurement Science and Technology.