Orden haben eine große Aufgabe im Dialog Kirche und Wirtschaft
„Wächter des Morgen und Übermorgen sein“, gab der Benediktiner und Bischof em. Maximilian Aichern den 50 Workshop-Teilnehmerinnen zum Thema „Wirtschaft und monastisches Leben“ im Stift Lambach mit. Das Controlling-Institut der JKU Linz und das Stift Lambach haben internationale ExpertInnen interdisziplinär zu einem zweitägigen Workshop zusammengeholt.
„Orden haben eine große Aufgabe im Dialog Kirche und Wirtschaft, weil sie selber durch ihre Einrichtungen und Betriebe in der Wirtschaftswelt mitleben. Klöster sind so Pflanzstätten der Auferbauung des Volkes Gottes und sie werden zu Wächtern des Morgen und Übermorgen.“ Bischof em. Maximilian Aichern, selbst Benediktiner und in jungen Jahren Abt des Benediktinerstiftes St. Lambrecht in der Steiermark, wies in seinem Eröffnungsvortrag ausdrücklich darauf hin, „dass es große Sensibilität für die Menschenwürde in den Arbeitsprozessen braucht. Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Schöpfungsverantwortung sind zentral. Die interkulturelle Suche nach solidarischen Lösungen für die vielen Herausforderungen wird den Ordensleuten zugemutet und von ihnen direkt eingefordert.“ Es geht immer um die Verwirklichung der Soziallehre in allen Bereichen und die Mitbestimmung der ArbeitnehmerInnen für alle Bereiche. „Nicht das Entweder-Oder, sondern das Sowohl-Als-Auch muss dabei im Mittelpunkt stehen.“ Aichern bezieht sich immer wieder auf die „benediktinische Lebensform“ und betont: „Es braucht den Mut zum Wandel gerade in der Beständigkeit. Solidarität, ein einfacher Lebensstil, die Bereitschaft zum Teilen und eine tiefe Achtung vor den Armen sind gefragt. Die Klöster sind besondere Orte für die Zukunftsfragen. Sie stehen nicht unter dem Wachstumszwang oder der Gewinnmaximierung. Klösterliche Gemeinschaften sind ein Kosmos im Kleinen und damit sind sie Navigationsgeräte oder Kompass für die gesellschaftliche Entwicklung.“
Digitale Religion
Dem Thema „Kloster im digitalen Zeitalter“ ging der Impuls der Soziologin Katja Rost von der Universität Zürich nach. „Wir lernen erst, mit dieser neuen Wirklichkeit umzugehen. Nachteile und Vorteile sind noch genau zu erforschen. Die extreme Monopolisierung ist eine Gefahr, weil sie irreversible Abhängigkeiten schafft.“ Das Thema Überwachung und digitale Diktatur wie in China wird genauso thematisiert wie die Anonymität und der damit verbundene Kontrollverlust, der Hass und Aggression im Internet wachsen lässt. „Zu viele Menschen haben heute keine Ahnung, wie Internet und Social Media funktionieren.“ Rost weiß, „dass hinter Rankings meist heiße Luft steht.“ Aufmerksamkeitsökonomie und Metriken, Zahlenmagie dominieren und die Geschwindigkeit macht laut Untersuchungen genauso den Jungen Probleme. Offline ist ein Randthema, „aber es boomt“. Klöster können hier Alternativen sein und entlang der neuen Basis-Innovationen wirksam werden. „Gesundheit, Wohlbefinden und Spiritualität werden die Zukunftsfelder des Menschen und die Klöster und Orden können das in besonderer Weise beantworten“, ist die Soziologin überzeugt. Digitale Religion wird ein großes Forschungsfeld. „Ruhe, Arbeit und Gebet in Klöstern sind der Dauererreichbarkeit entgegengesetzt. Abgeschiedenheit – hinter Klostermauern – ist heute anders zu sehen und zu leben.“
Kooperation, die gegenseitig stärkt
Der Prior vom Europakloster Gut-Aich P. Johannes Pausch und der Vorstandsvorsitzende von SPAR Österreich Gerhard Drexel erläuterten vor den Controlling-ExpertInnen und den zahlreich teilnehmenden Ordensleuten die „Grundsätze ihrer Kooperation für die Werbung und Vermarktung von Klosterprodukten“. Pausch: „Wir haben in der Klostergemeinschaft sieben Grundsätze erarbeitet für eine Kooperation und stellten fest, dass diese Kompatibilität gegeben war. Darauf hat sich alles weiterentwickelt in dieser Kooperation zwischen Kloster und Spar. Kollegial, authentisch und solidarisch war uns wichtig. Unsere Produkte mussten in den Kontext des Partners passen.“ Pausch sieht Ordensgemeinschaften bei solchen Kooperationsfragen zwischen „monastischem Größenwahn oder Minderwertigkeitskomplexen angesiedelt“. Vorstandsvorsitzender Drexel sieht in der Kooperation als wesentlich, „dass fair, partnerschaftlich und kreativ gehandelt wird“. Sein Handelsunternehmen steht für eine pluralistische, humane und offene Gesellschaft.
Warum es Führungskräfte ins Kloster zieht
„Religiosität und Spiritualität kann man in Wirtschaftsfeldern ganz wenig ausleben.“ Das sehen die Kirchenhistorikerin Barbara Müller und die Personalwirtschaftlerin Dorothea Alewell, beide von der Universität Hamburg, als Ansporn, dass Führungskräfte in Klöstern Orientierung suchen. Sie sehen Klöster als „Andersorte“, wo für Wirtschaftsleute eine Unterbrechung und Störung des Alltags geschieht. „Gebet, Mitmachen und Führungswissen weitergeben sind daher die Angebote der Orden.“ Außerdem stehen Führungskräfte immer in „Dilemata-Situationen“, die nicht aufgelöst werden können, „sondern nur ausgehalten und in der Spannung gestaltet werden können“. Religiös geformte Menschen sind fähiger, „Paradoxa, Unverfügbarkeiten oder Leid besser auszuhalten“. So entstehen derzeit Angebote wie „Kloster auf Zeit für Führungskräfte“.
Beziehung, Gemeinschaft, Gebet
Die abendliche Gartendiskussion ging dem Thema „Die Anziehungskraft klösterlichen Lebens in Zeiten eines viel beklagten Nachwuchsmangels“ nach. Unter der Moderation von Ferdinand Kaineder sprachen Br. Wolfgang Sigler von der Abtei Münsterschwarzach, Sr. Marta Bayer von den Benediktinerinnen in Steinerkirchen, Fr. Jakob Auer von der Erzabtei St. Peter, P. Ludwig Wenzel vom Stift Melk und die Soziologin Katja Rost von der Universität Zürich. „Persönliche Beziehungen und ein tragendes Gemeinschaftsleben sind die tragenden Elemente, das Gebet und die Öffnung auf Transzendenz hin unabdingbar.“
Finanzwirtschaft, ethische Geldanlage und Leadership
Der zweite Tag widmet sich den Stiften aus der Perspektive der Finanzwirtschaft, der ethischen Geldanlage, den Vermögensthemen in Klöstern Afrikas und den Erfahrungen aus Leadership-Kursen für klösterliche Führungskräfte. Der Betriebswirt René Andeßner betrachtete in seinem Vortrag Stifte aus finanzwirtschaftlicher Sicht. Er verwies auf die Hybridität dieser Organisationsform, die sich auch in der Vielfalt der Finanzierungsquellen zeigt. Als Lösung zur Bewältigung dieser Komplexität schlägt Andeßner eine Mehrebenen-Betrachtung verbunden mit einer mehrstufigen Cashflow-Rechnung vor. Damit könnte eine Transparenz der finanziellen Ströme und eine rationale Basis für Finanzierungs- und Transferentscheidungen erreicht werden. Geld-und-Ethik Berater Klaus Gabriel erklärte Motive und Strategien ethisch-nachhaltig Investierender und verwies auf Herausforderungen und Möglichkeiten ethisch-nachhaltiger Geldanlagen für kirchliche Institutionen, insbesondere für Klöster.
Im Rahmen des Workshops wurde auch das Buch „Unternehmen und Klöster“ (Springer Gabler Verlag) präsentiert, das von den Veranstaltern herausgegeben wurde. Die Institutsleiterin Birgit Feldbauer-Durstmüller ist es ein Anliegen, "dass sich hier Betriebswirtschaft, ethische Fragestellungen und klösterliche Realitäten treffen". Abt Maximilian Neulinger vom Stift Lambach hob das Interdisziplinäre hervor, "das in der Theologie immer schon da war und hier ebenfalls eine wesentliche Rolle spielt".
Kaineder/ Niederwimmer
https://www.ordensgemeinschaften.at/, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster
https://www.springer.com/de/book/9783658266936, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster