Das Institut für Politikwissenschaft und Sozialpolitik untersucht die Bedingungen, Zielsetzungen und möglichen Folgen politisch-institutioneller Gestaltungsversuche. Ein Schwerpunkt des Interesses liegt dabei auf sozialpolitischen Handlungsfeldern. Diese thematische Fokussierung auf Sozialpolitik erlaubt dem Institut einen multidisziplinären Zugriff, in dem die politikwissenschaftliche Sicht auf die Thematik mit soziologischen, zeitgeschichtlichen und sozialphilosophischen Perspektiven zusammenarbeitet. Damit werden soziale Systeme, Wohlfahrtsstaaten und auch Märkte als historisch und politisch geformte Strukturen verständlich. Das Institut verfolgt hierbei einen theoriegeleiteten empirisch-analytischen Zugang unter Verwendung von qualitativen und quantitativen Methoden.
Vergleichende Politikwissenschaft
Ausgangspunkt der Forschung in der vergleichenden Politikwissenschaft – und Quelle ihrer Motivation und Inspiration – ist Vielfalt: Unterschiede zwischen den politischen Systemen verschiedener Länder, Diversität gesellschaftlicher Formationen, Uneinheitlichkeit in den Herausforderungen, denen Gesellschaften und politische Gemeinwesen gegenüberstehen, und verschiedene Problemlösungen, die letztlich gefunden werden. Forscher*innen in der vergleichenden Politikwissenschaft untersuchen diese Unterschiede und ziehen daraus Schlüsse über die Funktionsweise politischer Institutionen und über die Möglichkeiten und Grenzen politischer Gestaltungsversuche. Sie tun dies, indem sie entweder verschiedene Länder, Regionen oder Zeitperioden miteinander vergleichen, oder indem Sie das eigene Land in eine vergleichende Perspektive stellen und durch diesen Blick über den Tellerrand der einheimischen Sichtweise ihre Ideen und Einschätzungen schärfen. Die vergleichende Perspektive kann sich hierbei auf qualitative wie auch quantitative Daten und Methoden stützen.
Am Institut für Politikwissenschaft und Sozialpolitik findet vergleichende Forschung in einer Reihe von Projekten und Erscheinungsformen statt. Tobias Wiß, öffnet in einem neuen Fenster analysiert die Entwicklung der Familienpolitik mithilfe quantitativ vergleichender Methoden. Zwei seiner Drittmittelprojekte, an denen auch Thomas Mayer, öffnet in einem neuen Fenster und Ilias Naji, öffnet in einem neuen Fenster beteiligt sind, untersuchen zudem die Rolle von Sozialpartnerschaft in der Gestaltung und Verwaltung betrieblicher Pensionen mit international qualitativ vergleichenden Methoden. Margitta Mätzke, öffnet in einem neuen Fenster beschäftigt sich mit Gesundheitssystemen und der Rolle von Public Health Infrastrukturen in international vergleichender Perspektive. Zudem vergleicht sie verschiedene Politikfelder, um die unterschiedlichen Erscheinungsformen föderaler Politikgestaltung näher beleuchten zu können. Durch Carmen Walenta-Bergmann, öffnet in einem neuen Fenster und Tobias Wiß werden sub-nationale Vergleiche von Bundesländern und Gemeinden verwendet, um etwas über Strukturen der politischen Repräsentation und ihre Auswirkungen auf die Sozial- und Familienpolitik zu erfahren. Márk Stégmayer vergleicht die Länder der Visegrád Gruppe mit Blick auf die dort stark ausgeprägten rechtspopulistischen Parteien und fragt nach der sozialpolitischen Programmatik dieser Parteien und der sozialpolitischen Entwicklung in diesen Ländern. Harald Stöger, öffnet in einem neuen Fenster analysiert die österreichische Wohnungspolitik in vergleichender Perspektive.
Politikfeldanalyse mit Schwerpunkt Sozialpolitik
Die Politikfeldanalyse zielt darauf ab, empirisch gestützte Erkenntnisse über politische Entscheidungsprozesse zu gewinnen und damit die Inhalte von Politik zu verstehen. Es geht also vorrangig um die konkrete Ausgestaltung von Politik, deren Determinanten und Konsequenzen. Im Rahmen der Politikfeldanalyse sollen politische Inhalte damit einerseits erklärt werden, andererseits sind sie aber auch unabhängige Variable und als solche Ursache von beispielweise politischem Handeln oder Outcomes wie sozialer Ungleichheit. Rückkoppelungsprozesse zwischen Policies, ihren Ursachen und Folgen werden ebenso berücksichtigt. Das Institut für Politikwissenschaft und Sozialpolitik untersucht hierbei Politikfelder in einzelnen Ländern, insbesondere Österreich, aber auch international vergleichend in mehreren Ländern. Den Schwerpunkt bilden sozialpolitische Politikfelder.
Arbeiten im Bereich der Familienpolitik (Margitta Mätzke, öffnet in einem neuen Fenster, Carmen Walenta-Bergmann, öffnet in einem neuen Fenster, Tobias Wiß, öffnet in einem neuen Fenster) beschäftigen sich mit der Ausgestaltung von sich verändernden staatlichen Leistungen für Familien und versuchen familienpolitische Richtungsentscheidungen zu erklären. Zudem wird versucht, die Verbreitung und Formen betrieblicher Familienpolitik zu erfassen.
Im Politikfeld Gesundheitspolitik (Margitta Mätzke, öffnet in einem neuen Fenster) analysieren wir die Ausgestaltung von Leistungserbringung, Finanzierung und Regulation der Gesundheitsversorgung im Ländervergleich. Im Fachgebiet Public Health werden hierbei Institutionen und Initiativen der gesundheitlichen Vorsorge auf lokaler Ebene sowie im internationalen Vergleich betrachtet.
Die Forschung im Politikfeld Alterssicherung (Thomas Mayer, öffnet in einem neuen Fenster, Ilias Naji, öffnet in einem neuen Fenster, Tobias Wiß, öffnet in einem neuen Fenster) konzentriert sich auf das Zusammenspiel von staatlichen und nicht-staatlichen Pensionen sowie den zugrundeliegenden Prozessen und Determinanten von Pensionsreformen. Ein weiterer Fokus liegt in Analysen zur Regulierung von kapitalfundierten Pensionen sowie deren Investitionen.
Der Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt und Finanz- und Wirtschaftskrisen haben zu sozialer Verunsicherung und Armutsbedrohung geführt. Im Bereich der Armut und Arbeitsmarktpolitik (Hansjörg Seckauer, öffnet in einem neuen Fenster, Christine Stelzer-Orthofer, öffnet in einem neuen Fenster) gehen wir daher zum einen den Ursachen von Armut, ihren Erscheinungsformen, Folgen und Versuchen der Armutsprävention nach. Zum anderen widmen wir uns der sozialpolitischen Aufmerksamkeit von prekärer Beschäftigung und dem Niedriglohnsektor.
Im Rahmen von Disability Studies (Angela Wegscheider, öffnet in einem neuen Fenster) untersuchen wir die Institutionen der sozialen Absicherung von Menschen mit Behinderungen sowie die ihnen unterlegten Ziele, Gerechtigkeitsvorstellungen und Menschenbilder.
Das am Institut bearbeitete Politikfeld Wohnungspolitik (Harald Stöger, öffnet in einem neuen Fenster) thematisiert die Ziele und Instrumente der Wohnungspolitik, sowie deren komplexe und teils widersprüchliche Beziehungen zu anderen Politikfeldern wie der Alterssicherung oder Armutsbekämpfung, wobei die österreichischen Besonderheiten durch den Vergleich mit anderen Ländern herausgearbeitet werden.
Politische Repräsentation
Bei der Politischen Repräsentation geht es um die Analyse der Zusammensetzung von demokratischen Parlamenten sowie den Institutionen, mittels derer politische Entscheidungen und Ergebnisse erzielt und damit bestimmte gesellschaftliche und soziale Interessen durchgesetzt werden. Forschungsarbeiten hierzu beschäftigen sich mit der Präsenz und Sichtbarmachung von Stimmungen, Meinungen und Perspektiven der Bürger*innen in politischen Prozessen, wie auch mit den Organisationen (z.B. politische Parteien und Sozialpartner), die an der Vermittlung dieser Interessen beteiligt sind. Wenn also politische Akteure im Namen anderer handeln, kann von politischer Repräsentation gesprochen werden.
Wir analysieren hierzu die Zusammensetzung von Regierungen und Parlamenten (Carmen Walenta-Bergmann, öffnet in einem neuen Fenster, Tobias Wiß, öffnet in einem neuen Fenster) auf nationaler und subnationaler Ebene (z.B. Bundesländer und Gemeinden) hinsichtlich ausgewählter soziodemografischer Merkmale und deren Effekte auf politische Outputs und Inhalte. Neben der Parteizugehörigkeit interessieren uns hier vor allem das Geschlecht und Alter politischer Repräsentant*innen. Studien in diesem Forschungsbereich klären, ob deskriptive Repräsentation sich auch in einer substantiellen Repräsentation niederschlägt, das heißt ob zum Beispiel Frauen in der Politik auch vorrangig frauentypische Themen verfolgen und durchsetzen. Wir untersuchen ferner, inwiefern Wähler*innen und Parteien den gleichen politischen Themen Bedeutung schenken (issue salience), also welche Themen für Wähler*innen und Parteien besonders wichtig sind und inwiefern sich diese überschneiden oder unterscheiden.
Schließlich geht es auch um die Analyse von Parteien, ihrer Programmatik und dem Einfluss dieser Programmatik auf die sozialpolitische Entwicklung in ausgewählten Ländern (Márk Stégmayer, öffnet in einem neuen Fenster).
Ein weiteres Anliegen unserer Forschung in diesem Bereich ist es, Menschen mit Behinderungen (Angela Wegscheider, öffnet in einem neuen Fenster) in eine Subjektposition zu bringen, diese also nicht nur als Zielgruppe politischer Interventionen aufzufassen, sondern auch als Lobbyisten in eigener Sache und als soziale Gruppe mit eigenen Wahrnehmungen, Interessen und eigenständiger Handlungsfähigkeit. Die Forschung liefert damit Erkenntnisse über das Funktionieren und die Inklusivität von Institutionen der politischen Willensbildung.