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Kardiometabolische Erkrankungen: „Silent Killers“ auf der Spur

Mit rund 33.000 Todesfällen pro Jahr zählen kardiovaskuläre Erkrankungen (z.B. Herzinfarkt) zu den häufigsten Todesursachen in Österreich.

Universitäres Herzzentrum; Credit: KUK
Universitäres Herzzentrum; Credit: KUK

Etwa die Hälfte dieser Patient*innen leidet auch an der metabolischen Erkrankung Diabetes mellitus. Ein neues Klinisches Forschungsinstitut (KFI) an der Medizinischen Fakultät der Johannes Kepler Universität Linz soll die Interaktion zwischen dem kardiovaskulären und dem metabolischen Stoffwechselsystem erforschen.

Jede*r zweite Herzinfarktpatient*in ist Diabetiker*in. In Anbetracht der Tatsache, dass sowohl Diabestes mellitus (derzeit sind rund 800.000 Österreicher*innen betroffen) als auch Hypertonie (mehr als 2,4 Millionen leiden in Österreich an Bluthochdruck) im Alter häufiger auftreten, rechnen Expert*innen aufgrund der demographischen Entwicklung in den kommenden Jahren mit einer deutlichen Zunahme dieser „Silent Killers“.

Die JKU – mit ihren Forschungsschwerpunkten Alters- und Versorgungsforschung – hat gemeinsam mit dem Kepler Universitätsklinikum und dem Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Linz ein neues Klinisches Forschungsinstitut für kardiovaskuläre und metabolische Erkrankungen gegründet, das multidisziplinär und organisationsübergreifend die Mechanismen des Zusammenspiels von kardiologischen, vaskulären und metabolischen Erkrankungen erforschen wird.

Die vier Gründungsmitglieder des KFI, renommierte Experten in ihren Fachgebieten, bündeln ihr Know-how und ihre Forschungskompetenz, um neue Wege in der Früherkennung, Prävention, Diagnostik und Therapie von kardiovaskulären und metabolischen Erkrankungen zu entwickeln:

Univ.-Prof. Dr. Andreas Zierer leitet die Universitätsklinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie der JKU. Hier wird die gesamte Palette der derzeit weltweit gängigen Herzoperationen angeboten. Pro Jahr werden mehr als 1.000 Operationen am offenen Herzen unter Einsatz der Herz-Lungenmaschine durchgeführt: „Als Herzchirurg interessieren mich naturgemäß chirurgische Fragestellungen am meisten. Als konkrete Projekte sind hier der Einfluss der Verwendung unterschiedlicher Blutgefäße auf die Langzeitergebnisse nach Bypassoperation bei Patient*innen mit Diabetes oder die Langzeitfunktion nach Herzklappenersatz je nach metabolischem Risikoprofil der Patient*innen zu erwähnen.“

Prim. Priv.-Doz. Dr. Clemens Steinwender ist Vorstand der Klinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin am Kepler Universitätsklinikum. Die Klinik zählt mit 102 Betten (davon 12 Herz-Intensivbetten) zu den größten kardiologischen Kliniken im deutschsprachigen Raum: „Für mein Fachgebiet sind interdisziplinäre Aspekte wie Schnittstellen-Themen zur Grundlagen- und Stoffwechselmedizin bzw. Herz- und Gefäßchirurgie relevant. Ebenso wie Fragestellungen zu Herzklappenerkrankungen und ihrer möglichst minimal-invasiven Behandlung. Nicht zuletzt auch technologische Aspekte der Schrittmacher- und Defibrillator-Therapie und deren Weiterentwicklung im Sinne einer Miniaturisierung.“

Prim. Univ.-Prof. Dr. Martin Clodi leitet die Interne Abteilung im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Linz. Clodi und sein Team sind ausgewiesene Stoffwechselexpert*innen mit mehr als 150 peer-reviewed Publikationen: „Die Abteilung der Barmherzigen Brüder ist eine große Akut-Interne Abteilung mit dem Schwerpunkt Diabetes und Stoffwechselerkrankung Gastroenterologie, Intensivmedizin und Notaufnahme. Für mich besonders relevant sind diese unmittelbaren Interaktionen zwischen dem Glucosestoffwechsel, der Glukosetoxizität und dem Gefäßsystem und natürlich auch der direkten Schädigung der Herzmuskelstruktur.“

Univ.-Prof. Dr. David Bernhard leitet die Abteilung Pathophysiologie des Instituts für Physiologie und Pathophysiologie der JKU. Seine Abteilung beschäftigt sich mit der Erforschung und der Entstehung altersbedingter kardiovaskulärer Erkrankungen: „Für meinen Fachbereich ist die enge Zusammenarbeit zwischen den klinischen Instituten und der Pathologie wichtig. Die Vernetzung von Daten und die Definition neuer Biomarker, vor allem im Bereich der Früherkennung und der Erkrankungsprogression. Ebenso wie die Entwicklung und Erprobung neuer Therapien und vor allem die Identifikation neuer bisher unbekannter Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen.“

Forschungsvorhaben und Erwartungen
Unter der Leitung der Abteilung für Pathophysiologie von David Bernhard wird aktuell ein Früherkennungsmarker für thorakale Aortenaneurysmen (Ausbuchtungen in jenem Teil der Aorta, die den Brustraum durchläuft) entwickelt, der in Zusammenarbeit mit den KFI Partner*innen an den Patient*innen studiert und für eine breite Anwendung, auch im Bereich der hausärztlichen Praxis und im Sinne der Versorgung, getestet wird.

Zudem wird die beste Applikationsroute (die Art und Weise, die ein Medikament verabreicht wird) für einen neuen Wirkstoff aufgeklärt, der Geweben bei Sauerstoffmangel (Herzinfarkt, Schlaganfall, Transplantation etc.) schützt. Dieser Wirkstoff und dessen Applikationsroute werden die Zeit bis zur ersten Behandlung – z.B. bei Herzinfarkt – verkürzen und somit Schäden verhindern oder zumindest verringern.

„Erkenntnisse zu weit verbreiteten Risikofaktoren für Gefäßerkrankungen (wie Diabetes mellitus, Blutfett-Erhöhungen)“, erwartet Clemens Steinwender. Relevant sei dabei zu klären: Ab welchem Patient*innen-Alter bzw. ab welcher Intensität der Risikofaktoren ist mit einer Schädigung im Herz-Kreislaufsystem zu rechnen? Wie können diese Schädigungen verhindert bzw. abgemildert werden? Auf welche Patient*innengruppe muss besonders achtgegeben werden?

Ein entscheidendes Vorhaben des KFI ist die Erstellung eines OÖ-Registers zur Erfassung sämtlicher relevanter Daten von kardiometabolisch erkrankten Patient*innen.

„Durch die enge Kooperation im KFI wird es möglich sein, Daten aus dem oberösterreichischen Gesundheitssystem zu poolen. Für viele Fragestellungen ist eine möglichst große Menge an Daten notwendig, um statistisch relevante Ergebnisse erzielen zu können. Konkret soll der Einfluss metabolischer Grunderkrankungen, wie Diabetes, auf die Entstehung kardiovaskulärer Erkrankungen untersucht werden“, sagt Andreas Zierer.

Wann werden die Forschungsergebnisse bei den Patient*innen ankommen? „Meistens sind die Erkenntnisse, die aus wissenschaftlichen Publikationen kommen nicht unmittelbar bzw. sofort für die Patient*innen anwendbar, jedoch ergibt sich aus der Summe der Forschungserkenntnisse, die aus unserem Institut kommen werden wie auch aus anderen Instituten, wie in einem Puzzle das Bild eines Ganzen, welches dann unmittelbar für die Patient*innen umgesetzt werden kann“, sagt Martin Clodi.

Die ersten Forschungsergebnisse von bereits laufenden Kooperationen werden bereits im ersten Halbjahr 2023 veröffentlicht werden.

„Das neue Klinische Forschungsinstitut widmet sich mit seinem Fokus auf kardiometabolische Erkrankungen einem wichtigen Thema, das in den nächsten Jahren an Brisanz zunehmen wird. Von den Forschungserkenntnissen des KFI werden auch unsere Studierenden, vor allem aber die Patient*innen profitieren", sagt Meinhard Lukas, Rektor der JKU. „Zur Verstärkung der Forschungskompetenz am Standort Oberösterreich wird die JKU weitere Klinische Forschungsinstitute gründen. Denn die disziplin- und institutionenübergeifende Zusammenarbeit ermöglicht die Basis für eine internationale und kompetitive Forschung.“

JKU medTALK widmet sich den Kardiometabolischen Erkrankungen
Das Thema Silent Killers – Kardiovaskuläre und metabolische Erkrankungen“ steht auch im Zentrum der 3. Ausgabe des JKU medTALK am 23. November um 15.30 Uhr im JKU medLOFT. Am Podium werden Marina Müller, MSc. (JKU Institut für Physiologie und Pathophysiologie, Abteilung Pathophysiologie), Prim. Univ.-Prof. Dr. Martin Clodi, (Vorstand Abteilung für Innere Medizin, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder), Ass. Dr.in Jessica Gottsberger, (Universitätsklinik für Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie, Kepler Universitätsklinikum) und Prim. Priv.-Doz. Dr. Clemens Steinwender (Klinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin, Kepler Universitätsklinikum) mit der Journalistin Christine Haiden diskutieren.

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