Von CORNELIA LEHNER
Im Jahr 2025 stehen wir vor Herausforderungen, die uns in ihrer Vielschichtigkeit und Dynamik zuweilen überwältigen mögen. Globale Krisen, gesellschaftliche Polarisierung und ein allgegenwärtiges Gefühl der Fragilität prägen die Gegenwart. Diese Spannungen fordern nicht nur unser Handeln, sondern auch unser Denken heraus. Wie Simone de Beauvoir einst bemerkte, liege die Freiheit des Menschen darin, den Sinn seines Lebens selbst zu entwerfen. In einer Zeit, in der die Grenzen zwischen individueller Verantwortung und kollektiver Gestaltung immer fließender werden, gewinnen Orte an Bedeutung, die nicht nur Raum für Reflexion bieten, sondern auch das Ringen um Sinn und Perspektiven fördern. Der Kepler Salon versteht sich als ein solcher Ort. Hier wird Denken zum Akt der Begegnung: Kritische Stimmen treffen auf visionäre Perspektiven, Wissenschaft auf Kunst, Erfahrung auf Intuition. In dieser Vielstimmigkeit entsteht, was Hannah Arendt als „Raum der Erscheinung“ bezeichnete – ein Raum, an dem wir unsere Pluralität in die Gesellschaft einbringen.
Die Programmierung spiegelt diese Ambition wider. Wir stellen uns den drängenden Fragen der Gegenwart: Wie können wir soziale Gerechtigkeit neu denken in einer Welt, die von Ungleichheit zerrissen ist? Wie gehen wir mit Krisen um, die uns scheinbar ohnmächtig zurücklassen? Und welche Verantwortung tragen Wissenschaft, Kunst und Kultur, wenn es darum geht, nicht nur zu verstehen, sondern auch neue Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen?
Die intime Atmosphäre des Salons – die Nähe zwischen Vortragenden und Publikum – erlaubt eine Form der Wissensvermittlung, die keine bloße Übertragung von Fakten darstellt. Sie ist ein lebendiger Austausch, ein gemeinsames Navigieren durch die Un sicherheiten unserer Zeit. In dieser Tradition sehen wir uns mit Johannes Kepler verbunden, dessen Name für die Schnittstelle von Wissenschaft, Philosophie und dem Staunen über die Welt steht.
Cornelia Lehner
Salonintendantin