In einer Universität und wohl im Besonderen in einer Kunstuniversität werden individuelle Interessen, Talente und Vorhaben hochgehalten, gepflegt, befördert und weiterentwickelt. Studentinnen und Studenten mögen ihren Weg finden, neue Ziele ausmachen, Methoden kennenlernen und durch eigenes Zutun schärfen, all das, um Lebensumständen nicht nur zu begegnen, sondern neue Impulse zu setzen und es gerade mit ungeplanten Herausforderungen aufzunehmen. Es braucht Selbstvertrauen – auch Leidenschaft schadet nicht – und den Hunger, sich immer wieder neuen und nächsten Fragen zu stellen, wie sich überraschenden Veränderungen auszusetzen, um auch Krisenzeiten nicht bloß zu ertragen, zu managen und auszusitzen. Universitäten tragen dazu bei, den Überblick zu bewahren, nicht nur damit etwas und irgendwas weitergeht, sondern auch um gegebenenfalls innezuhalten, zurückzutreten und nächste Schritte sorgfältig zu überlegen – ohne gefallen zu müssen. Universitäten bieten dafür nötige Denkräume für eine zukunftsfähige und in einer zukunftsfähigen Gesellschaft, damit sich individuelle Zugänge, frisches und unkonventionelles Denken formen können, immer auch als Grundvoraussetzungen für einen größeren Zusammenhalt. Erst die eigene Selbstsicherheit genauso wie begründeter Selbstzweifel erlauben und motivieren einen unvoreingenommenen Austausch über Fachgrenzen hin weg, hin zu anderen Disziplinen, hinaus in die Praxis, ohne Scheu vor dem Reality Check.
Gemeinschaftliche Auseinandersetzung und individuelles Selbstbewusstsein verbinden sich so zu wesentlichen Grundlagen für ein gewissenhaftes Handeln, für den Mut und die Bereitschaft, Verantwortung wahrzunehmen. Man weiß aus der Sozialforschung, dass prekäre und existenzbedrohende Lebensumstände nicht zu Zusammenhalt beitragen, vielmehr in Resignation und Aussichtslosigkeit enden. Uns fortgeschritten Erwachsenen erscheint unsere unmittelbare Gegenwart nicht selten geschichtsloser denn je, doch zeigt sich eines deutlich: Junge und noch jüngere Generationen lassen sich ihr Recht auf Zukunft nicht nehmen. Sie wenden und werten zutiefst nötige Solidarität als gesellschaftsbildende Kategorie neu, bedarf es doch zu deren dringlicher Einlösung aktueller und ungewöhnlicher Lösungsansätze auf Augenhöhe.
Nur wenn es gelingt, überzeugende Aussichten auf machbare Veränderungen zu stärken, zu entwerfen und daran festzuhalten, lässt sich Zukunft fassen und für viele erst begreifen. In diesem Sinne bilden Universitäten keine Enklaven, sondern eröffnen sichere Freiräume, in denen junge und scharfe Geister nicht auf Zukunft verzichten. Und es gilt jetzt und weiterhin, diese Privilegien zu teilen.