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Plastik - Fluch oder Segen?

Zehn Millionen Plastiksackerl verbrauchen wir weltweit – in der Minute. Sie verstopfen Kanalisationen, blockieren Wasserstraßen oder landen in den Mägen von Meerestieren. Wir ersticken im Müll. Reicht es da, Einwegsackerl und Plastik-Trinkhalme zu verbieten? Oder braucht es Ideen, um Plastik völlig neu zu denken?

Von REGINA REITSAMER

Zwei Plastikpuppen, eine lieblich, die andere gruselig, nebeneinander
Fotos: CSA-IMAGES

Die Zahnbürste? Aus Plastik. Selbst die Zahnpasta ist – um durch Peeling- Effekt strahlend weiße Zähne zu bekommen – mit Mikroplastik versetzt. Ebenso wie das Haarshampoo für die morgendliche Dusche. Und beides – Zahnpasta wie Shampoo – kommt natürlich aus einer Plastikverpackung. Den Kaffee trinkt man, weil’s schon spät ist, schnell „to go“ an der Tankstelle im Plastikbecher, dazu eine PET-Flasche Mineralwasser und ein Muffin, eingeschweißt in Plastik.

Wen wundert es da: Wir werden mit Plastikmüll überschüttet. Die Zahlen des jüngsten Berichts des UNO-Umweltprogramms sind alarmierend. Weltweit werden laut Schätzungen bis zu fünf Billionen Plastiksackerl im Jahr verbraucht. Das sind fast zehn Millionen Stück pro Minute. Dazu kommen Trinkflaschen, Strohhalme, Zuckerlpapierl und Milchpackerl. „Machen wir weiter wie bisher, wiegt der Plastikmüll im Meer im Jahr 2050 genauso viel wie alle Fische zusammen“, warnte jüngst der Leiter des UNO-Umweltprogramms, Erik Solheim. 

Wurden in den 1960er-Jahren noch 15 Millionen Tonnen Plastik im Jahr erzeugt, hat sich die Menge seither auf über 320 Millionen Tonnen mehr als verzwanzigfacht. Denken wir nicht radikal um, dürfte sich die Summe laut UN-Schätzungen bis 2050 nochmals verdreifachen. Rund ein Drittel des Kunststoffs geht in die Verpackungsindustrie – und landet damit zumeist wenig später im Müll. Im Schnitt ist ein Plastiksackerl etwa 20 Minuten in Gebrauch. Auch wenn die Nutzungsdauer der Produkte oft kurz ist, das Problem bleibt langfristig: 450 Jahre braucht beispielsweise eine PET-Flasche, bis sie zersetzt ist.

Die Politik reagiert. Die EU legte in den vergangenen Wochen eine Plastikstrategie vor. Die sieht eine Abgabe für nicht recycelten Plastikmüll vor. Die Einnahmen sollen ins künftige EU-Budget fließen. Genaue Zahlen gibt es noch keine, doch es geht zweifelsohne um hohe Summen. Knapp 26 Millionen Tonnen Plastikmüll fallen jedes Jahr in Europa an. Weniger als 30 Prozent werden zur Wiederverwertung gesammelt, der Rest landet in Verbrennungsanlagen, auf Müllhalden oder in der Umwelt. Ab 2030 – so das Ziel – soll in der EU kein Plastik mehr verwendet werden, das nicht recycelt werden kann. Doch auch Einwegplastik wie Kunststoffbesteck, Teller, Becher, Trinkhalme aus Plastik oder Wattestäbchen sollen verboten und durch innovative, umweltfreundliche Alternativen ersetzt werden, etwa aus Papier oder Gras. All das sind vorerst freilich bloß Pläne, das Europaparlament und die einzelnen EU-Staaten müssen dem erst zustimmen. 

Zum Wegwerfen zu schade

Eine Welt ganz ohne Plastik werde es aber auch in Zukunft nicht geben, glaubt Reinhold Lang, Leiter der Kunststofftechnik an der Johannes Kepler Universität. „Oder genauer gesagt: Geben könnte es sie schon, bis vor 100 Jahren war das ja die Realität. Aber auf unseren heutigen Lebensstandard müssten wir in weiten Teilen verzichten.“ Denn Plastik – oder weniger umgangssprachlich gesagt Kunststoff – habe seinen Siegeszug nicht deswegen geschafft, weil es billig, sondern weil es in vielen Bereichen der bessere Werkstoff sei: leichter formbar, länger haltbar, hitzebeständiger, stabil und dabei billig in der Produktion und mit wenig Gewicht. 

„Den Lebensmittelverderb etwa hat man nur durch Plastik deutlich reduzieren können“, sagt auch Jürgen Miethlinger, der an der JKU das Institut für Polymer Extrusion and Compounding leitet. Der Ressourcenverbrauch durch weggeschmissene Lebensmittel sei deutlich höher als jener einer Plastikverpackung, die bei vielen Produkten deutlich längere Haltbarkeit bringe. Zudem spare es beim Transport Kosten und Energie, wenn Waren in Kunststoff verpackt seien statt etwa in weit schwererem Glas. Glasflaschen schneiden in ihrer Ökobilanz erst dann besser ab als ein vergleichbares Plastikprodukt, wenn sie mehr als sechsmal wiederverwendet werden und weniger als 200 Kilometer transportiert werden müssen. 

Auch in der Bauindustrie – wohin nach dem Verpackungsbereich (30 Prozent) die zweitgrößte Menge an Kunststoff (20 Prozent) geht – könne man dank Plastik gewaltig Energie sparen, betont Miethlinger. Rohrleitungen aus Kunststoff etwa seien langfristig gesehen nicht zu schlagen – durch höhere Dichtheit und Langlebigkeit. „Und Fenster aus Kunststoff können den Energieverbrauch in Gebäuden gewaltig reduzieren.“ 

Im drittwichtigsten Kunststoffbereich – der Mobilität, in den etwa zehn Prozent der Menge gehen – hat Plastik ebenfalls Vorteile. „Ein Auto ohne Kunststoff wäre um 20 Prozent schwerer“, sagt Miethlinger. Und würde entsprechend mehr Treibstoff brauchen. „Was man oft nicht mitbedenkt: 96 Prozent des Erdöls werden auch heute noch verbrannt, ob im Auto oder in Gebäuden. Nur vier Prozent verarbeiten wir zu Kunststoff.“ Plastik zu verwenden verhindere damit oft anderswo Erdölverschwendung. 

„Kunststoff“ gab es schon im Mittelalter

Die immensen Berge an Plastikmüll rechtfertigten diese Vorteile des Werkstoffs Plastik freilich nicht, meint Lang. Die aber lägen nicht am Kunststoff selbst, sondern an dessen Verwendung.

Historisch gesehen gab es die ersten „Kunststoffe“ bereits im Mittelalter. Milch-Kasein etwa habe man damals genutzt, um Dinge zu formen. „Auch weicher Käse lässt sich gut formen, das hat wohl jeder als Kind schon ausprobiert“, sagt Lang. Genutzt habe man das etwa in der Handwerkskunst – quasi als Marmor oder Elfenbein der armen Leute. Später verwendete man Harze.

Die wahre Erfolgsgeschichte des Kunststoffs allerdings begann, als vor etwa hundert Jahren synthetische Kunststoffe auf Erdölbasis den Markt eroberten. „Der unglaubliche Erfolg des Werkstoffs war schon damals, dass er nicht nur billiger, sondern besser war.“ Die Wegwerfkultur dagegen habe sich erst in den 1960er-Jahren entwickelt. „Natürlich haben sich Kunststoffe da angeboten, weil sie wenig kosteten“, sagt Lang. Daneben sei es aber in weiten Teilen eine Frage des Lifestyles und neuer Modetrends gewesen. Fastfood samt Einwegbecher galt als erstrebenswerter Lebensstil. Noch heute sei das mit ständig neu erfundenen Convenience-Produkten oder Coffee- to-go-Bechern nicht viel anders. 

„Meine These ist, dass Kunststoff etwas sichtbar macht, das genauer betrachtet unsere gesamte Wirtschafts- und Lebensweise betrifft: Unser Wirtschaften ist nicht nachhaltig angelegt, wir leben auf Kosten künftiger Generationen“, sagt Lang. Anders als etwa der CO2-Ausstoß aber sei Müll aus Kunststoff sichtbar. „Plastik sehen wir im Meer schwimmen oder am Straßenrand liegen.“ Zudem sei Kunststoff schon immer mit dem Stoff verknüpft, der für die Verschwendung von Ressourcen an sich steht: Erdöl, aus dem Kunststoff ja gemacht ist. 

„Es liegt nicht am Werkstoff Plastik, sondern daran, wie der Mensch damit umgeht“, urteilt auch Miethlinger. „Wir verbrauchen derzeit das Eineinhalbfache der Ressourcen, die unser Planet hergibt.“ Würde der im Westen gängige verschwenderische Lebensstil weltweit zum Standard – egal ob das Fleischkonsum oder Mobilitätsverhalten betrifft –, würde dieser Faktor noch explosionsartig ansteigen.

Auch die Lösung des Problems dürfe damit nicht nur Plastik, sondern die gesamte Wirtschaftsweise betreffen, betont Lang. „Mit Kunststoff können wir vielleicht beweisen, dass es auch anders geht.“ Das Stichwort laute Kreislaufwirtschaft. Technisch sei dabei vieles bereits heute machbar, um Kunststoff in einem Kreislauf möglichst zur Gänze wieder zu nutzen. Für Lang geht es dabei um drei wesentliche Schritte: 

Erstes Ziel sei klar das Recycling. Das Problem dabei sei, dass aus dem gesammelten Kunststoff bisher zumeist nur minderwertigere neue Kunststoffprodukte erzeugt werden können: aus Mineralwasserflaschen also etwa Blumentöpfe. Die richtige Sammlung durch Konsumenten, bessere Mülllogistik, aber auch weiterentwickelte Aufbereitung und Reinigung könnten da helfen, um Kunststoff auch in zweiter, dritter oder vierter Anwendung besser zu nutzen. „Tatsache bleibt aber, dass Kunststoff als organischer Werkstoff einer Alterung unterliegt, und zwar physikalisch wie auch chemisch, was noch schwieriger zu lösen ist.“ Irgendwann zahle sich der Aufwand an Energie, Wasser und Reinigung nicht mehr aus, um ökologisch sinnvoll neuen Kunststoff zu gewinnen. Wissenschaftliche Berechnungen hätten gezeigt, dass etwa 40 Prozent des Plastiks sinnvoll wiederverwertet werden könnten, sagt Lang. 

Für den Rest gebe es als zweite Möglichkeit chemisches Recycling. Das bedeutet, man zersetzt Kunststoffe chemisch in ihre Ausgangsstoffe (Monomere) und baut sie wieder zu Polymeren, also Kunststoff, zusammen. Auch das werde in Pilotprojekten bereits heute gemacht, so der JKU-Professor. 

Der dritte Schritt sei der bisher verpönteste, meint Lang: Verbrennen. Das passiere derzeit in der Zement- oder Stahlindustrie. „Solange wir 96 Prozent des Erdöls verbrennen, darf es eigentlich nicht verwundern, wenn vier Prozent in einer Zwischenstufe als Kunststoff genutzt und erst dann verbrannt werden.“ Entscheidend freilich werde künftig sein, dass man einen Schritt weiter gehe. „Mit dem bei der Verbrennung entstehenden CO2 kann man in Verbindung mit Wasserstoff wieder Kohlenwasserstoff erzeugen.“ Damit habe man im Grunde das Gleiche wie Erdöl oder Erdgas, die ja fossile Kohlenwasserstoffe sind. Im Labor gelinge das heute schon. „Das Problem ist der hohe Energiebedarf“, sagt Lang. Hier aber stoße man an das Grundproblem aller erneuerbaren Energien: Solange Erdöl viel zu billig verheizt werde –, und das auf Kosten kommender Generationen – rechne sich vieles nicht. „Die Rechnung aber geht auf Kosten des Planeten und ist damit eigentlich nicht zulässig“, betont Lang. 

Europas größte Recyclingmaschine

Da ein derartiges Umdenken nur langfristig möglich sei, setzt sein Kollege Miethlinger bei seiner Forschung auf kurzfristigere Zwischenlösungen. Auf dem Campus der Linzer Kepler Universität entsteht dazu eine Forschungsfabrik, die LIT-Factory des Linz Institute of Technology. „Wir werden hier Europas größte Kunststoffrecyclingmaschine haben“, erklärt Miethlinger. Die Idee sei, Altplastik – ob aus der Industrie oder von Haushalten – besser zu recyceln. Nutzen könne man dabei die Digitalisierung. Damit könne man deutlich exakter erheben, aus welchen Stoffen der recycelte Kunststoff besteht, und ihn mit so vielen Daten versehen, dass er gezielter wiederverwendet werden kann. „Bisher reden wir, wenn es um Kunststoff geht, eigentlich immer vom Downcycling, also von einer Weiterverwendung als minderwertigerer Werkstoff. Wir wollen aber echtes Recycling oder sogar Upcycling ermöglichen“, betont Miethlinger. 

In der LIT-Factory solle daher nicht nur Kunststoffgranulat wiedergewonnen, sondern dieses auch gleich weiterverwendet werden – als Leichtbauteile etwa für die Flugzeugindustrie, die Bauindustrie oder für Motorbauteile. Mit an Bord bei der Forschungsfabrik sind daher auch Unternehmen wie der Innviertler Flugzeugzulieferer FACC, die OMV-Kunststofftochter Borealis oder der oberösterreichische Kunststoffspezialist Greiner. „Durch Leichtbauweise können aus wiedergewonnenem Plastik so Bauteile entstehen, die durch ihr geringes Gewicht ihrerseits Energie einsparen.“ Entwickeln werde man die Maschine gemeinsam mit Erema, dem Weltmarktführer für Kunststoffrecyclinganlagen aus Oberösterreich, erklärt Miethlinger. Bereits im kommenden Jahr soll die Produktion starten.  Verwerten werde man dabei sowohl „sortenrein“ getrennten Industriemüll als auch vermischten und oft verschmutzten Hausmüll. „Die neue Art der Verarbeitung soll das entstehende Kunststoffgranulat mit so vielen Daten versehen, dass man sich besser darauf einstellen kann, wie man es künftig noch verwenden kann“, sagt er. 

Potenzial für bessere Wiederverwertung gibt es auch in Österreich noch genug. Insgesamt wird derzeit laut Altstoff Recycling Austria (ARA) die Hälfte des gesammelten Plastikmülls recycelt und damit als Sekundärrohstoff wiederverwendet. Der Rest geht als Ersatzbrennstoff in die Industrie. Da freilich bei Weitem nicht jeder anfallende Kunststoffmüll richtig getrennt und somit gesammelt wird, sondern vieles im Restmüll landet, werden laut Eurostat 34 Prozent der auf den Markt gebrachten Kunststoffverpackungen recycelt. Auch in diesen Zahlen sind nur Verpackungen und noch nicht alle Kunststoffe berücksichtigt. In Österreich kommen im Jahr Kunststoffprodukte mit einem Volumen von einer Million Tonnen auf den Markt, davon sind laut ARA rund 295.000 Tonnen Verpackungen. Der zweitgrößte Anwendungsbereich ist der Bausektor, gefolgt von Fahrzeugen, Elektronik und Möbel. Hier sind die Kunststoffe meist länger in Gebrauch. Rechnet man all diese Mengen ein, werden laut einer Studie der Technischen Universität Wien nur 20 Prozent recycelt.

Die überwiegende Mehrheit, und zwar 90 Prozent der in Österreich für das Recycling aussortierten Kunststoffe, werden dabei laut ARA in österreichischen Verwertungsbetrieben verarbeitet, nur zehn Prozent „ins nahe Ausland“ exportiert. Der jüngst angekündigte Schritt von China, keinen Plastikmüll mehr zu importieren, um nicht weiter als Müllkippe des Westens herhalten zu müssen, trifft Österreich damit nicht direkt. Indirekt freilich spürt man die Folgen, da am Weltmarkt die Preise für Altplastik stark gefallen sind.

Dass Recycling vor chemischer Zerlegung oder Verbrennung den Vorrang haben sollte, das hat für Miethlinger aber auch weitere Gründe. „Wir haben viel Energie hineingesteckt, um aus Erdöl Plastik zu machen.“ Da sei es am sinnvollsten, mit möglichst wenig Energie wieder Kunststoff zu gewinnen. „Auch wenn Brot übrig bleibt, zerlegen wir es nicht auf atomarer Ebene, um letztlich wieder Mehl zu gewinnen, sondern machen Brösel und Knödelbrot daraus oder verfüttern es an unser Pferd.“ 

Dass Plastik durch die Müllberge nun ins Gerede gekommen ist, sieht Miethlinger im Übrigen nicht nur als Nachteil. „Das heißt auch, dass endlich Bewegung in die Sache kommt.“ 

Denn mehr zu recyceln, das hätte man rein technisch schon in den 1990er-Jahren machen können. „Für die Industrie ist es durch die öffentliche Diskussion und durch die Androhung von Verboten jetzt endlich zum Thema geworden.“

Ähnlich sieht es Matthias Fink, der an der Kepler Universität das Institut für Innovationsmanagement leitet: „Die jetzige Diskussion ist mehr Chance als Nachteil.“ Denn wenn das Plastik über die Thunfischdose wieder auf dem Teller des Konsumenten lande, weil der Fisch im Meer mit Plastikteilchen verseucht sei, „fangen doch etliche zu denken an“.

Grundsätzlich gebe es zwei Möglichkeiten, um einen nachhaltigeren Umgang mit Plastik zu erreichen, meint Fink. „Entweder man schafft gesetzliche Verbote.“ Das allerdings sei angesichts der Lobby großer Industriebetriebe in der EU schwer und nur langfristig realisierbar. Oder man schaffe die Trendwende über den Konsumenten. „Gewissensberuhigung ist heute eine der haupttreibenden Kräfte im Marketing.“ Das Bewusstsein der Kunden für das Problem sei geschaffen. „Jeder, der den Plastikmüll im Meer schwimmen sieht oder im Urlaub – egal ob auf der griechischen Insel oder in Indonesien – vor dem Erreichen seines Traumstrandes erst riesige Plastikberge passieren muss, kennt das Problem.“ Jetzt gehe es darum, dem Kunden die Gewissheit zu geben, dass er Plastikprodukte mit gutem Gefühl kaufen kann, weil der Werkstoff danach hochwertig wiederverwendet wird. Normalerweise funktioniere das so, dass sich solche ökologischen Verbesserungen zunächst in einigen, durch den größeren Aufwand etwas höherpreisigen Produkten durchsetzen und erst in einem zweiten Schritt in der Masse, erklärt Fink. „Für die Unternehmen rechnet es sich umzudenken, wenn der Kunde es will.“

Dass das Problem nicht der Kunststoff an sich sei, das steht auch für Fink fest: „Ethisch“ sei das Material neutral. „Bisher aber denken wir Plastik nur vom Rohstoff bis zum ersten Kunden.“ Das aber sei nur eine erste Station. „Jetzt brauchen wir Innovationen, um die Zahl der Anwendungen eines Artikels zu steigern.“ Gerade bei Plastik gebe es so viele Arten von Polymeren, dass es möglich sein müsse, diese so zusammenzustellen, dass auch eine weitere Nutzung sinnvoll sei. Helfen könne dabei die Digitalisierung, betont auch Fink. Viele Kleidungsstücke etwa würden heute schon einen Chip enthalten, der genau Auskunft darüber gibt, woraus das verwendete Material besteht und wie es wiederverwertet werden kann. Diese Informationen könne man etwa über Nanotechnologie auch in Kunststoffen verpacken.

„Ein Kunststoffteil in einer Autokarosserie würde damit bereits die Daten enthalten, wie das Material weiterverwendet werden kann.“  Deutlich verändern würde das auch die bisherige Praxis des Trennens. „Von den hundert gelben, blauen oder grünen Tonnen werden wir uns verabschieden können“, meint Fink. Schon jetzt müsse in der Mülltrennung nachsortiert werden. Enthalte der Kunststoff selbst entsprechende Daten, könne das künftig großteils automatisch passieren. Die Qualität der Trennung würde damit deutlich besser. Lösungen für das noch so komplex scheinende Thema Plastikmüll wären also möglich. Das zeigt auch ein Rechenbeispiel: Laut Landesabfallverband müssen in Österreich jährlich 15 bis 20 Millionen Euro aufgebracht werden, um unachtsam weggeworfenen Müll von Landes- und Gemeindestraßen zu entsorgen. Schon elf Millionen Euro und ein Schiff würden reichen, um eine schwimmende Müllrecyclinganlage zu bauen. Und damit den zuletzt viel diskutierten „Plastikkontinent“ im Meer, also jenen gigantischen Strudel von Plastikmüll, der im Ozean treibt, zu verarbeiten – zu wiederverwertbarem neuen Kunststoff.

Mit neuen Ideen könnte damit Plastik – oder vielmehr unser Umgang damit – vom Problemfall zur neuen Chance werden. Eine Welt ganz ohne Plastik wäre damit gar nicht mehr nötig.