Laura Thäter über ihre Forschungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Plattformarbeitenden
In den letzten zehn Jahren hat die Plattformökonomie die Geschäftswelt revolutioniert, indem sie Wertschöpfungsketten umgestaltet, innovative Geschäftsmodelle geschaffen und die Art und Weise, wie Arbeit organisiert wird, grundlegend verändert hat.
Digitale Plattformen wie Uber, Fiverr und UpWork bieten dem Einzelnen flexible Arbeitsmöglichkeiten und bringen Angebot und Nachfrage auf neue Weise zusammen. Dieser Wandel geht jedoch oft auf Kosten der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsplatzsicherheit.
Beschäftigte auf Plattformen, darunter auch Content Moderator*innen, sind häufig ausbeuterischen Praktiken ausgesetzt, bei denen sie mit viel Unsicherheit und intransparenten algorithmischen Managementmethoden konfrontiert sind. Diese Praktiken priorisieren die Effizienz der Plattform über das Wohlbefinden der Content Moderator*innen. Daher sind sie mit einer hohen Arbeitsbelastung, psychischem Stress durch die ständige Konfrontation mit belastenden Inhalten und geringer Bezahlung konfrontiert.
Als Reaktion auf diese problematische Situation sind verschiedene Gegenbewegungen entstanden, die sich für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Rechte für Plattformarbeitende im Allgemeinen einsetzen. Diese Bewegungen haben sowohl die Form von Top-down- als auch von Bottom-up-Initiativen, die jeweils eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung der Prekarität der Plattformarbeit spielen.
Top-down-Ansätze umfassen in erster Linie politische Änderungen und rechtliche Maßnahmen, die auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Plattformarbeiter*innen abzielen. So wurde beispielsweise das kalifornische Gesetz AB5 eingeführt, um viele Gigworker*innen, darunter auch Rideshare-Fahrer*innen, als Arbeitnehmer*innen und nicht als unabhängige Auftragnehmer*innen einzustufen und ihnen Zugang zu Arbeitnehmerleistungen zu gewähren (obwohl die Unternehmen versuchen, dagegen vorzugehen, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster). Auch die Europäische Union erwägt Maßnahmen, um faire Löhne und Arbeitsbedingungen für Plattformarbeitende in allen Mitgliedsstaaten zu gewährleisten, um die Arbeitsstandards zu etablieren und einen besseren Schutz zu bieten.
Bei Top-down-Ansätzen spielen auch Gewerkschaften eine entscheidende Rolle. In verschiedenen Ländern, z. B. in Deutschland und den skandinavischen Ländern, unterstützen die Gewerkschaften Initiativen für eine faire Behandlung und Transparenz von Plattformarbeitenden. Dieses gewerkschaftliche Engagement bietet rechtlichen Rückhalt und Ressourcen, um Arbeitnehmer*innen-Bewegungen zu unterstützen, und unterstreicht die Bedeutung von Tarifverhandlungen für das Erreichen systemischer Veränderungen. Die österreichische Lebensmittel-Leferungsbranche, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster war beispielsweise 2020 eine der ersten, die auf Druck der österreichischen Gewerkschaft vida einen Kollektivvertrag einführte. Der Kollektivvertrag gilt für alle Plattformen in der Lebensmittelzustellungsbranche und verpflichtet sie zur Einhaltung eines Mindeststundenlohns sowie eines Urlaubs- und Weihnachtsgeldes. Ein weiteres Beispiel ist die Initiative Code of Conduct, eine Zusammenarbeit zwischen der IG Metall, acht deutschen digitalen Arbeitsplattformen und ihrem Branchenverband, um Grundsätze für gute Plattformarbeit festzulegen. Die teilnehmenden Plattformen verpflichten sich zur Einhaltung dieser Grundsätze, und die Initiative umfasst eine Ombudsstelle, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster, an die sich Arbeitnehmer*innen bei unfairer Behandlung oder Verstößen wenden können. Dies gewährleistet die Rechenschaftspflicht und die Durchsetzug der Regeln für die angeschlossenen Arbeitnehmer*innen.
Auf der anderen Seite werden Bottom-up-Bewegungen von den Arbeitenden selbst vorangetrieben. Zu den Bemühungen an der Basis gehören die Organisation von Streiks, die Gründung von Arbeitnehmer*innenverbänden und die Nutzung sozialer Medien, um das Bewusstsein zu schärfen und eine bessere Behandlung zu fordern. So haben beispielsweise Essenslieferant*innen von Unternehmen wie Deliveroo und Uber Eats in verschiedenen Städten (z. B. Berlin) Streiks organisiert, um gegen unfaire Löhne und Arbeitsbedingungen zu protestieren. Diese spontanen Aktionen zeigen die kollektive Macht der Arbeitskräfte und ihre Entschlossenheit, auf Veränderungen zu drängen.
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Zu dieser Arbeit
Laura Thäter forscht zu den Arbeitsbedingungen von Plattformarbeitern. In einem ihrer kürzlich erschienen Artikel, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster untersuchte sie verschiedene Strategien, wie sich Arbeiterr*innen Gehör verschaffen können, um ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern.
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Weitere Arbeiten Sara Maric über ihre Arbeit zu Content ModeratorInnen
Artikel von Sara Maric -
Erweitertes KünstlerInnen Statement Lennart Grau und Carla Streckwall zu ihrer Arbeit
KünstlerInnen Statement -
Zusätzliches Informationsmaterial Wissenschaftliche Artikel, Dokumentation, etc.
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