Was ist Transformative Change?
Aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive ist “Transformative Change” eine Form des radikalen Wandels. Wir sprechen von radikalen Wandel, wenn sich innerhalb eines komplexen sozialen Systems mehrere Aspekte ändern: also die Praktiken der AkteurInnen, die eingesetzten Technologien, die Akteurskonstellationen sowie die Normen, Werte und Glaubenssätze.
Soziale Systeme sind komplex, dynamisch und haben eine Geschichte. Auslöser für “Transformative Change” können externe Schocks wie etwa Krisen sein. Sie können auch durch (bewusstes) Handeln verschiedener Akteur*innen vorangetrieben werden (z.B. Politik, soziale Bewegungen, Unternehmen, etc.). Jedoch sind auch mehrere Faktoren zu nennen, die den Wandel verhindern: die Schwierigkeit bestehende Pfade zu verlassen, die reproduzierende Kraft und Geschichte sozialer Institutionen und System sowie nicht-intendierte Effekte von gut gemeinten Transformationsprojekten. Schließlich gibt es auch Akteure, die aufgrund von bestehende Interessen und Machtverhältnisse versuchen, sich dem Wandel zu entziehen, aktiv den Wandel zu verhindern und bereits bestehende Transformationsprozesse wieder zurückdrängen. Dies passiert durch Strategien wie Lobbying, Gegenmobilisierung oder symbolische Anpassung ohne Änderungen der eigentlichen Praktiken.
Was ist Interdisziplinarität und warum ist es wichtig?
In einer hochentwickelten und arbeitsteiligen Wissensgesellschaft braucht es Exzellenz in den Disziplinen. Das ist der Antrieb für wissenschaftlichen Fortschritt, Qualität und Standards. Unsere Gesellschaft steht vor zahlreichen Herausforderungen, wie der Klimakrise, Digitalisierung, Künstlicher Intelligenz und dem demografischen Wandel. Eine Disziplin alleine kann daher unmöglich eine Antwort auf diese komplexen Herausforderungen geben. Daher braucht es die Zusammenarbeit über disziplinäre Grenzen hinweg. Der deutsche Wissenschaftsrat (2020, S. 15) definiert Interdisziplinarität als “(...) die Interaktion mehrerer Disziplinen, die eine gemeinsame Frage- oder Problemstellung in einer vertieften Auseinandersetzung mit Erkenntnissen, Methoden und Forschungsperspektiven der jeweils beteiligten Fächer bearbeiten wollen und eine Synthese ihrer Ergebnisse anstreben. Diese Interaktion vollzieht sich in der Regel durch Zusammenarbeit mehrerer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen (...)”
Interdisziplinarität gilt auch als Quelle für Innovation im Wissenschaftsbetrieb. Disziplinarität und Interdisziplinarität sind nicht als Gegensätze zu denken – beide haben komplementäre Aufgaben und Stärken und sie bedingen sich gegenseitig. Damit Interdisziplinarität seine volle Wirkung entfalten kann, muss die Exzellenz der Disziplinen gegeben sein und gleichzeitig gilt es, über den disziplinären Tellerrand zu blicken und eine Synthese zu erreichen. Das ist ein aufwendiger Prozess – aber auch ein lohnender.
Was ist Transdisziplinarität und warum ist es wichtig?
Der deutsche Wissenschaftsrat (2020, S. 16-17) definiert Transdisziplinarität als “(...) eine Form der Wissensproduktion, die die institutionellen und epistemischen Grenzen von Wissenschaft überschreitet und mit „nicht-akademischen Wissensproduzenten aus Unternehmen, Verbänden, Zivilgesellschaft etc.“ zusammenwirkt.
Transdisziplinarität baut auf der Idee der Transfer-Aktivitäten auf, also dass Erkenntnisse aus der Universität möglichst rasch in Wirtschaft und Gesellschaft einfließen sollen. Transdisziplinarität will aber mehr: die klare Rollenverteilung zwischen Wissensproduzierenden und handelnden Akteur*Innen verfließen, es geht darum, über Sektorengrenzen hinweg gemeinsam Probleme zu bearbeiten. Citizen Science (z.B. Einbindung von Bürger*innen in den Wissenschaftsprozess), Lernpartnerschaften (z.B. längerfristige Allianzen, um ein Problem gemeinsam zu verstehen), und Design-Ansätze (z.B. Mitwirkung bei Politikgestaltung, Aktionsforschungsansätze mit aktiver Intervention) gelten als transdisziplinäre Ansätze.
Auswahl zentraler Quellen:
Deutscher Wissenschaftsrat. (2020). Wissenschaft im Spannungsfeld von Disziplinarität und Interdisziplinarität, 80.
Greenwood, R., Meyer, R. E., Lawrence, T. B., & Oliver, C. (2017). The Sage handbook of organizational institutionalism. The Sage handbook of organizational institutionalism, 1-928.
Grin, J., Rotmans, J., & Schot, J. (2010). Transitions to sustainable development: new directions in the study of long term transformative change. Routledge.
Noorden, R. V. (2015). Interdisciplinary research by the numbers. Nature, 525, 306–307.
Russell, A. W., Wickson, F., & Carew, A. L. (2008). Transdisciplinarity: Context, contradictions and capacity. Futures, 40(5), 460–472.
Sterman, J. D. (2001). System Dynamics Modeling: Tools for Learning in a Complex World. California Management Review, 43(4), 8–25.
West, S., van Kerkhoff, L., & Wagenaar, H. (2019). Beyond “linking knowledge and action”: towards a practice-based approach to transdisciplinary sustainability interventions. Policy Studies, 40(5), 534–555.