Ingrid Graz: From multi-material additive manufacturing of dampers to tailored viscoelastic dissipation
Wie schütze ich ein rohes Ei?
Stoßdämpfer sind heute allgegenwärtig, sie sind in Fahrzeuge, Gebäude und Maschinen eingebaut. Meist werden dafür weiche Materialien mit harten verbunden und zB Polymere mit Fasern verstärkt. Assoz.Univ.-Prof. Dr. Ingrid Graz und Dr. Umut Cakmak kombinieren in ihrem interdisziplinären physikalisch-kunststofftechnischen LIT-Projekt verschiedene weiche Materialien wie Elastomere, Hydrogele und bestimmte Flüssigkeiten miteinander und nützen deren ungewöhnliche Eigenschaften für einen optimalen Dämpfungseffekt.
Projektdetails
Seed Projekt
Projektleitung
Ingrid Graz
Call
2/2016
„Die Ausgangsfrage ist eigentlich: Wie kann ich ein rohes Ei schützen, sodass es nicht zerbricht, wenn es zu Boden fällt“, sagt Graz. Lösungsideen holt sie sich in der Natur: So haben etwa Orangenschalen innen quasi einen Dämpfer eingebaut, der die Frucht vor dem Aufplatzen schützt, wenn sie Stößen ausgesetzt ist. Diese Schale besteht aus einer einheitlichen Materialschicht, die unterschiedlich angeordnet ist. Auch die Haut hat dämpfende Eigenschaften.
Weiche Materialien wie Hydrogels und bestimmte Flüssigkeiten – etwa Polymerschmelzen, deren Eigenschaften davon abhängen, mit welchen Geschwindigkeiten sie sich bewegen – sind auf Grund ihrer viskoelastischen Eigenschaften dafür prädestiniert, für die Dämpfung eingesetzt zu werden. Graz und ihr Team arbeiten daran, das optimale Material für die Dämpfung zu entwickeln, und es mit Elektronik zu verknüpfen, sodass auch gemessen werden kann, was mit und auf dem Material passiert. Langfristig soll dieses Material dann nicht mehr gegossen, sondern in 3D-Druck hergestellt werden, „was schon eine gewisse Herausforderung ist, da wir es hier ja mit Flüssigkeiten zu tun haben und diese natürlich schwer zu drucken sind“, sagt Graz.
Großes Interesse an dieser Forschungsarbeit zeigen bereits mehrere Unternehmen, die die weichen Stoßdämpfer in der Karosserie von Elektroautos einbauen möchten und in Motoren für Operationsbohrer, um Vibrationen zu verhindern.
Assoz.Univ.-Prof. Dr. Ingrid Graz
Assoz.Univ.-Prof. Dr. Ingrid Graz besuchte ein neusprachliches Mädchengymnasium und wusste bereits ab Beginn der Oberstufe, dass sie Physik studieren würde. Sie entschied sich für ein Studium der Technischen Physik an der JKU, „sicherheitshalber habe ich aber auch Jus inskribiert, weil meine Eltern anfangs etwas skeptisch waren. Ich muss aber ehrlich sagen, dass ich keine einzige Jus-Lehrveranstaltung besucht habe“, sagt Graz.
Sie schrieb ihre Diplomarbeit in der Biophysik und ihre Dissertation zu Polymersensoren und künstlicher Haut bei Prof. Siegfried Bauer an der Abteilung für Physik weicher Materie.
Nach dem Doktorat entwickelte Graz die Sensoren weiter und ging für drei Jahre nach Cambridge, wo sie an dehnbarer Elektronik forschte. „Ich habe dort einen Ansatz für dehnbare, dünne elektrische Leiter gefunden, der generell eingesetzt werden kann.“
Seit einigen Jahren ist Graz zurück an der JKU und baut hier ihre eigene Gruppe auf. „Ich wollte schon als Kind immer wissen, warum etwas ist, wie es ist, damit ich es verstehen kann und überlegen kann, was ich damit noch machen könnte. Und das schätze ich sehr an meiner wissenschaftlichen Arbeit, - dass ich im Prinzip mit verrückten Ideen spielen kann und sich daraus etwas Neues mit einer potenziellen technischen Anwendung entwickelt.“