Kalzium ist für den Menschen lebensnotwendig – es sorgt für feste Knochen ebenso wie für ein funktionierendes Immunsystem.
Kalzium ist für den Menschen lebensnotwendig – es sorgt für feste Knochen ebenso wie für ein funktionierendes Immunsystem. Aber wie werden die Zellen mit diesem wichtigen Stoff versorgt? Um das besser zu verstehen, hat Assist.-Prof.in Isabella Derler vom Institut für Biophysik der Johannes Kepler Universität Linz einen neuen Ansatz gewählt.
„Die Aufnahme von Kalzium in die einzelnen Zellen des Körpers ist für viele grundlegende Körperfunktionen, wie z.B. der Immunantwort, essenziell. Ein veränderter Kalzium-Haushalt kann schnell zu Krankheiten führen“, erklärt die Biophysikerin. Das Ziel ihrer Forschungsgruppe: die Mechanismen des Kalzium-Eintrittsweges in die Zelle besser zu verstehen. Dazu haben die Wissenschaftler*innen Licht als Werkzeug eingesetzt, um die Kalzium-Eintrittspforten an der Zellmembran (also der Zellwand) genau zu kontrollieren.
Neuer Ansatz
„Bisher war man auf Optogenetik angewiesen“, so Derler. Dabei wurden Zellen oder Proteine gentechnisch verändert, damit sie auf Licht reagieren. Derler und ihr Team gingen einen Schritt weiter: Sie haben nicht ganze Proteine, sondern deren einzelne Bestandteile (Aminosäuren) lichtempfindlich gemacht. Das erlaubt nicht nur präzisere Untersuchungen eines Proteins, sondern kann zur Bestimmung der Rolle jedes seiner einzelnen Bausteine, der erforscht werden soll, vorgenommen werden.
Der Ansatz erwies sich als erfolgreich: „Wir haben an verschiedenen Stellen einer speziellen Kalziumpore (Einlasspforte für Kalzium an der Zellwand) die natürlichen Bausteine durch lichtempfindliche Aminosäuren ersetzt. So konnten wir nachweisen, dass einige Kalziumkanäle tatsächlich prompt auf Licht reagieren und entweder verstärkt Kalzium in die Zelle lassen – oder dessen Zufuhr drosseln.“
Eine solche Steuerung des Kalzium-Zustroms ist auch dazu geeignet, weiter folgende Prozesse in der Zelle präzise zu steuern - beispielsweise die Ausschüttung von Botenstoffen während einer Immunreaktion.
Auch für andere Bereiche nutzbar
Die Bedeutung des Projekts reicht aber weit über die Kalziumforschung hinaus: „Unser Ansatz ermöglicht eine spezialisierte Untersuchung von Ionenkanälen – auf fast atomarer Ebene und in der lebenden Zelle. Das erlaubt neue Einblicke in deren Funktion“, sagt Derler.
Das Projekt wurde soeben im renommierten Fachmagazin „Nature Communications“ veröffentlicht. „Die von uns gewonnenen Erkenntnisse können neue Wege zur Entwicklung therapeutischer Methoden gegen Krankheiten eröffnen, die mit der Fehlfunktion von solchen Kalziumporen assoziiert werden“, ist Isabella Derler überzeugt.