Neue Erkenntnisse könnten die Prognose eines neu diagnostizierten „diffusen großzelligen B-Zell-Lymphoms“, wesentlich verbessern.
Die Vorhersage, ob Patient*innen auf Medikamente, wie zum Beispiel eine Immunchemotherapie, ansprechen, ist in der Onkologie von entscheidender Bedeutung, um Behandlungskonzepte zu verbessern und die Gründe für ein Therapieversagen zu entschlüsseln“, sagt Prof. Clemens Schmitt, Lehrstuhlinhaber für Hämatologie und Internistische Onkologie an der Medizinischen Fakultät der Johannes Kepler Universität Linz. Er und sein Forschungsteam setzen sich in einer neu in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ erschienenen wissenschaftlichen Publikation mit der Frage auseinander, wie man die Heilungsaussichten bei Lymphdrüsenkrebs, konkret bei einem „diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL)“, bereits vor Therapiebeginn besser einschätzen kann.
Das DLBCL ist eine bösartige Erkrankung des lymphatischen Systems, genau genommen der Lymphozyten, einer speziellen Untergruppe der weißen Blutzellen, die für die spezifische Abwehr von Krankheitserregern zuständig sind. Während ein Großteil der Patien*innen mit diesem aggressiven Lymphom mittels moderner Immunchemotherapie geheilt werden können, ist das etwa bei einem Drittel nicht der Fall. Für diese Patient*innen suchen wir, so der Vorstand der Universitätsklinik für Hämatologie und Internistische Onkologie, dringend nach neuen Therapieansätzen. „Biologische Veränderungen der Tumorzellen unter der Therapie, insbesondere die sog. ‚Zelluläre Seneszenz‘, stehen dabei im Zentrum unseres Interesses“, so Schmitt.
Anhaltender Zellteilungsstopp
Ziel jeder klinischen Krebstherapie ist es, möglichst viele Tumorzellen zu vernichten und sie an der weiteren Verbreitung im Körper zu hindern. Hier spielt die zelluläre Seneszenz als Alternative zum Zelltod eine wesentliche Rolle, indem die Zellen in einen anhaltenden Zellteilungsstopp eintreten. Mit Hilfe eines Lymphom-Mausmodells haben die Forscher*innen die Bedeutung des Seneszenzprogramms unter kliniknahen Bedingungen untersucht. Die so nur in genetisch manipulierten immunkompetenten Mäusen möglichen Erkenntnisse zur molekularen Kontrolle und klinischen Bedeutung zellulärer Seneszenz wurden dann auf die Patient*innensituation beim DLBCL zurückgespiegelt und dort auf Stichhaltigkeit überprüft.
Im Speziellen gelang es den Forscher*innen, im Tiermodell eine Gen-Signatur mit dem Namen „SUVARness“ abzuleiten, die nach Übersetzung in eine entsprechende humane Signatur als Biomarker dienen könnte, den Seneszenz-abhängigen Behandlungserfolg bei DLBCL-Patient*innen belastbar vorauszusagen.
Die Erkenntnisse aus der Mausmodell-basierten Forschung in Bezug auf die Seneszenz-Fähigkeit sind tatsächlich sehr robust auf das humane System übertragbar. Die im Mausmodell durchgeführten Untersuchungen sind einer klinischen Studie am Menschen sehr ähnlich. Die Gensignatur, die aus der Maus abgeleitet wird, konnte erfolgreich bei mehreren großen, unabhängigen Studienpopulationen von mehreren Hundert Patient*innen angewendet werden. „Wir versuchen, Mauserkenntnisse unmittelbar in die Klinik zu überführen und für die Patient*innen nutzbar zu machen. Diese Forschung an Krebspatient*innen durchzuführen wäre unethisch sowie technisch und praktisch unmöglich“, so Schmitt.
Mit diesen Erkenntnissen könnte die Prognose einer neu diagnostizierten DLBCL-Erkrankung wesentlich besser eingeschätzt werden. „Als Nächstes wird es darum gehen, dieses neue Wissen auch therapeutisch ausnutzen zu können“ sagt Prof. Schmitt mit Blick in die Forschungszukunft.
Die Publikation „H3K9me3-mediated epigenetic regulation of senescence in mice predicts outcome of lymphoma patients” wurde nun in „Nature Communications” publiziert.