Das Christian-Doppler-Labor für private digitale Authentifizierung in der physischen Welt (DIGIDOW) wurde wegen Corona virtuell eröffnet.
Unter digitaler Anwesenheit von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner und dem Linzer Bürgermeister Klaus Luger erklärten der Rektor der Johannes Kepler Universität Linz Meinhard Lukas, der Präsident der Christian Doppler Forschungsgesellschaft Martin Gerzabek und der Leiter des Labors, Prof. René Mayrhofer, die wissenschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung der Forschungseinrichtung.
"Die Digitalisierung bietet uns viele Chancen und Möglichkeiten - vom elektronischen Bezahlen bis hin zum Reisepass. Damit es aber auch sicher ist, muss noch viel geforscht werden, zum Beispiel an dezentralen Lösungen wie in diesem CD-Labor. Mehr Wissen bringt mehr Möglichkeiten und größere Entscheidungsfreiheit im privaten Bereich ebenso wie für kommende politische Entscheidungen", betont Ministerin Schramböck die konkreten Fragestellungen, mit denen sich das Labor beschäftigen werde. Markus Achleitner und Klaus Luger gingen auf die Bedeutung des Labors für den Standort Linz und Oberösterreich ein.
„Daten sind das neue Gold. Die Achillesferse dabei sind jedoch der Schutz der Daten und die Datensicherheit. Daher will sich Oberösterreich auch als international sichtbares Kompetenzzentrum für IT-Sicherheit etablieren. Das neue Christian-Doppler-Labor leistet mit seinen Forschungen hier einen wichtigen Beitrag und stärkt so die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Oberösterreich“, erklärte Wirtschafts- und Forschungs-Landesrat Markus Achleitner.
Bürgermeister Klaus Luger: „Es freut mich außerordentlich, dass der Standort Linz um eine wesentliche Forschungseinrichtung reicher geworden ist. Das Christian-Doppler-Labor stellt für mich eine gelungene Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft dar, die für beide zahlreiche Vorteile bringt. Die derzeitigen Entwicklungen machen es notwendig, dass wir sowohl die Innovationskraft wie auch die Wirtschaftsleistung stärken. Die Forschungsbeiträge des Labors, wie etwa die zukünftige Entwicklung des 5G-Netzes, tragen hier sicherlich dazu bei.“
Wirtschaftsministerium fördert CD-Labor mit über 1 Million Euro
Neben der öffentlichen Hand sind auch eine Reihe privater Unternehmen am Labor beteiligt. Darunter die Firma NXP: „NXP ist bestrebt, seinen Kunden sichere, zuverlässige und flexible Smart City-Lösungen anzubieten “, sagt Paul Hubmer, CTO von NXP Semiconductors Austria. „Durch die Unterstützung des CDL DIGIDOW-Projekts werden wir nicht nur neue Technologien für bequeme und sichere benutzerzentrierte Lösungen nutzen, sondern uns auch auf die Herausforderungen vorbereiten, die mit kontobasierten und Cloud-Identifikations-basierten Systemen verbunden sind. In einer zunehmend vernetzten Welt setzen wir uns dafür ein, dass kommende Technologien auf einfache, sichere und zuverlässige Weise eingesetzt werden.“
"Technologie wird der bestimmende Faktor für das vor uns liegende Jahrzehnt sein“, so Stefan Vogl, Experte der Österreichischen Staatsdruckerei. „Der Fokus kann jedoch nicht nur auf Technologie und damit auf Kosten des Datenschutzes liegen, wir wollen auch zeigen, dass es Möglichkeiten gibt, innovative technische Lösungen unter voller Wahrung des Datenschutzes zu liefern. Deshalb ist es für uns sehr wichtig, Teil des DIGIDOW-Projekts zu sein.“
Karl Stöbich von 3-Banken-IT unterstrich: „Gerade für uns – als IT-Dienstleister der Finanzindustrie – ist eine sichere digitale Authentifizierung eine notwendige Voraussetzung für die weitere Digitalisierung von Bankprozessen. Insofern hat dieses Thema bzw. unsere Teilnahme an DIGIDOW einen sehr hohen Stellenwert.“
Lukas: Aufgabe der Wissenschaft ist es, Sicherheit und Freiheit zu verbinden
Rektor Meinhard Lukas unterstrich in seinen einleitenden Worten, dass es die Aufgabe der Wissenschaft sei, Sicherheit und Freiheit zu vereinen. „Wir haben eine Verantwortung der Gesellschaft und dem Einzelnen gegenüber. Wir haben die Verantwortung, umfassend und folgenabschätzend nachzudenken. Gerade die aktuelle Corona-Krise zeigt uns, wie verlockend es manchmal scheint, Grundrechte zumindest für eine kleine Weile nicht für so wichtig zu erachten. Aber diese Verlockung ist eine gefährliche, denn wer einmal eine solche Entscheidung getroffen hat, kann sie wieder treffen. Deshalb es ist von größter Bedeutung, dass die moralische Dimension schon bei der Entwicklung solcher Anwendungen implementiert ist. Ich wünsche allen Beteiligten viel Erfolg für die kommenden Jahre und die vor ihnen liegenden Forschungstätigkeiten.“
„Um zum Beispiel öffentliche Verkehrsmittel benutzen oder Staatsgrenzen übertreten zu können, müssen wir Tickets bzw. einen Reisepass vorweisen. Solche physischen Objekte zur Authentifizierung können verloren, gestohlen, gefälscht, oder beschädigt werden und unterliegen daher einem Sicherheitsrisiko. Bereits in naher Zukunft wäre es technisch möglich, diese Authentifizierung auf Basis biometrischer Daten durchzuführen – Verlust oder Diebstahl physischer Elemente wären ausgeschlossen und Authentifizierung noch möglich, solange die Daten vorliegen“, betonte Martin Gerzabek von der Christian Doppler Forschungsgesellschaft. Solche digitalen Identitätsnachweise könnten leicht durch zentralisierte Datenbanken, welche sämtliche biometrischen Daten von Nutzer*innen speichern, realisiert werden. Allerdings berge eine zentrale Überwachung und Speicherung aller Nutzerbewegungen und -interaktionen massives Missbrauchspotential, bis hin zur Fälschung und Löschung digitaler Identitäten.
Eine dadurch mögliche vollständige Überwachung und Kontrolle aller Nutzer*innen sei aktuell nicht mit den universellen Grundrechten auf Privatsphäre vereinbar und mit europäischen Konzepten des Datenschutzes unverträglich, erläuterte René Mayrhofer, der auch deutlich unterstrich, dass die Kombination von Wissenschaft und Ethik ein entscheidender Antrieb des Labors sein werde. So werde die interdisziplinäre Forschungsarbeit Bereiche der Kryptographie, der Netzwerke, der verteilten Systeme, der biometrischen Authentifizierung, des maschinellen Lernens und der Sicherheit von Programmcode sowie der zugehörigen sozialen, rechtlichen und ethischen Aspekte umfassen.