Fünf Millionen Euro für zwei JKU Forschungsprojekte

Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) hat jeweils 2,5 Millionen Euro für zwei Forschungsprojekte der JKU bewilligt.

Schild mit JKU Linz Logo bei Haupteinfahrt des Campus

Freuen dürfen sich das innovative fakultätsübergreifende Kompetenzzentrum „BioMediCry“ und das Infrastrukturprojekt Meta-Fab. „Herausragende Forschung braucht mutige Ideen und leidenschaftliche Wissenschaftler*innen, die über den Tellerrand ihrer Forschungsgebiete blicken. Sie benötigt aber auch eine solide finanzielle Ausstattung“, sagt Alberta Bonanni, JKU Vizerektorin für Forschung und Internationales. „Deshalb freut es mich besonders, dass die FFG gleich zwei JKU Projekte mit jeweils 2,5 Millionen Euro mit drei Jahren Laufzeit bewilligt hat.“

Forschungsprojekt Meta-Fab
Das Infrastrukturprojekt Meta-Fab wird die Entwicklung und Produktion von Metamaterialien und Metaoberflächen, die beispielsweise bei optischen Filtern, medizinischen Geräten, energieeffizienten Lichtquellen, im Solarstrommanagement oder bei Quantentechnologie zum Einsatz kommen, durch die Bereitstellung einer einzigartigen Gerätekombination anstoßen.

Metamaterialien sind eine neuartige Materialklasse, deren Eigenschaften nicht durch die Ausgangsmaterialien bestimmt sind, sondern durch besondere Strukturierung und Zusammenstellung von bekannten Materialien. Dadurch lassen sich Funktionen realisieren, die mit herkömmlichen Materialien nicht erreichbar sind. Derzeit haben besonders Metaoberflächen großes Potenzial: Durch ihre Strukturierung auf einer Größenskala kleiner der Wellenlänge des Lichts lässt sich mit ihrer Hilfe Lichtausbreitung quasi beliebig manipulieren. Sie kombinieren die Flexibilität von Freiformoptiken mit einem äußert kleinen und leicht integrierbaren Formfaktor – dem einer planen Oberfläche. Durch gezieltes Einbringen von Materialien mit schaltbaren Eigenschaften, z.B. durch einen Phasenübergang im Material, lassen sich so auch schaltbare Optiken erzeugen. Allen Ansätzen zur Herstellung von dieser Metamaterialen ist gemeinsam, dass eine Strukturierung weit unter der Lichtwellenlänge erforderlich ist.

Im Projekt Meta-Fab soll an der JKU eine Einrichtung zur Herstellung und Erforschung solcher Metaoberflächen und Metamaterialien entstehen, die sowohl von Forscher*innen als auch von der Industrie genutzt werden und die Entwicklung dieser Materialien in Oberösterreich anstoßen soll.

Durch die Kombination von komplementären Herstellungsverfahren (Elektronenstrahllithographie mit großem Schreibfeld, optische

STED-Nanolithographie) und der Charakterisierungsmöglichkeit mittels eines bildgebenden Ellipsometers wird ein weltweit einzigartiger Gerätepark von absoluten High-End-Geräten im Reinraum des Open Innovation Centers (OIC) an der JKU geschaffen. Forscher*innen können hier neueste innovative Metaoberflächen-Designs nicht nur herstellen, sondern auch experimentell testen, was einen geschlossenen und schnellen Forschungszyklus ermöglicht. Für die oberösterreichischen Industriebetriebe und Start-Ups ergibt sich die Möglichkeit, mittels der im Projekt beschafften Geräte nicht nur ihre eigene Forschung und Entwicklung voranzubringen, sondern auch Kleinserien zu produzieren. Metaoberflächen beispielsweise lassen sich durch Nano-Abformverfahren relativ einfach herstellen, jedoch ist die Herstellung der dazu benötigten Stempel aufwändig und benötigt die hier im Projekt bereitgestellten Maschinen.

Das besondere an Meta-Fab ist die einzigartige Zusammenstellung, mit der eine Infrastruktur geschaffen wird, welche eine besonders breite Gruppe Anwender*innen anspricht. Hiermit kann eine aufstrebende Technologie (Metamaterialien und -oberflächen) vielen Forscher*innengruppen und interessierten Industriebetrieben zugänglich gemacht werden. Meta-Fab kann einen wichtigen Beitrag leisten, um effiziente und nachhaltige Industrie, Produktion, Systeme und Technologien für den Menschen voranzubringen.

Im Konsortium von Meta-Fab wirken eine Reihe von renommierten Forscher*innen der Technisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der JKU mit: Andreas W. Schell (Projektleitung), Alberta Bonanni, Thomas A. Klar, Armando Rastelli, Johannes Heitz, Moritz Brehm, Kurt Hingerl, Manuela Schiek, Martin Kaltenbrunner, Rajdeep Adhikari, Gunther Springholz, Markus Scharber, Bernhard Jacoby, Wolfgang Hilber sowie Thomas Fromherz.

Forschungsprojekt BioMediCry – Referenzzentrum für Österreich und Europa
Im Rahmen der FFG F&E Infrastrukturförderung 2023 wurde das Projekt „Biomimicry Center for Biomedical Engineering and Characterization (BioMediCry) Linz“ bewilligt. Ziel dieses Projekts ist die Schaffung eines innovativen Kompetenzzentrums, das als gemeinsame Core Facility an der Schnittstelle zwischen der Technisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät (TNF) und der Medizinischen Fakultät (MED) der JKU fungieren wird. Dieses Zentrum soll die biomedizinische Forschung und Entwicklung maßgeblich vorantreiben und – als erstes seiner Art – eine bedeutende Rolle in Österreich spielen.

Das Konsortium hinter BioMediCry besteht aus acht international anerkannten Forschenden der JKU: David Bernhard, Andreas Horner, Sabine Hild, Eleni Priglinger, Ingrid Graz, Ian Teasdale, Arndt Rohwedder und Tobias Gotterbarm. Diese Expert*innen decken ein breites Spektrum an Fachgebieten von Medizin, Biophysik, Polymerchemie und Materialwissenschaften über 3D-Oberflächenstrukturierung bis hin zu Zell- und Gewebebiologie ab. Gemeinsam verfolgen sie das Ziel, ein tieferes Verständnis der Eigenschaften von Geweben und Krankheiten zu erlangen, um daraus innovative technologische Entwicklungen und therapeutische Ansätze abzuleiten.

Im Kompetenzzentrum BioMediCry wird eine hochmoderne Forschungsinfrastruktur aufgebaut, die verschiedene fortschrittliche Technologien umfasst:

3D-Bioprinting ermöglicht es, funktionale Organe und Gewebe aus Biomaterialien, den eigenen Zellen und bioaktiven Molekülen eines*r Patient*in zu erzeugen. 3D-Bioprinting reduziert die Abhängigkeit von Spendergeweben und überwindet Einschränkungen wie Verfügbarkeit und ethische Bedenken. Zudem erlaubt es die Erstellung personenspezifischer in vitro Krankheitsmodelle, was das Studium von Krankheiten und Medikamentenwirkungen auf individueller Ebene erleichtert. Der 3D-Bioprinter im BioMediCry-Zentrum ist der einzige seiner Art in Österreich und einer von wenigen in den Nachbarländern. Ausgestattet mit vier unabhängigen Druckköpfen, die in einer sterilen Umgebung arbeiten, ermöglicht er das gleichzeitige Drucken von Zelltypen und Materialien zur Erstellung realitätsnaher komplexer 3D-Strukturen. Das 3D-Bioprinting soll durch die Entwicklung von maßgeschneiderten hydrogelbasierten Matrixmaterialien unterstützt werden, deren Eigenschaften gezielt an die biomedizinischen Erfordernisse angepasst sind. Dies erfordert eine umfassende physikalisch-chemische Charakterisierung der Hydrogele und ein tiefes Verständnis ihrer rheologischen und mechanischen Eigenschaften im Hinblick auf Druckprozesse. Rheometrie in Kombination mit Mikroskopie-, Röntgen- oder Neutronenstreumethoden hat sich hierzu zu einer zentralen Charakterisierungsmethode entwickelt, um die molekulare Struktur von makromolekularen Materialien mit ihren mechanischen Eigenschaften zu korrelieren. Die Kombination von Rhemoetrie mit schwingungsspektroskopischen Methoden, wie z.B. Infrarot und Raman-Spektroskopie erlaubt, es zusätzlich auch chemische Veränderungen zu untersuchen. Im geplanten Zentrum soll deshalb erstmals ein Rheo-Raman-System installiert werden, das rheologische Messungen mit Raman-Spektroskopie kombiniert und so die direkte Korrelation zwischen mechanischen Eigenschaften einer Probe und ihrer chemischen Struktur erlaubt. Diese einzigartige Möglichkeit eröffnet nicht nur neue Dimensionen in der Biomaterialentwicklung, z.B. bei der maßgeschneiderten Synthese von neuen Tinten für den biomimetischen 3D-Druck, sondern auch neue Diagnosemöglichkeiten, indem mechanische Veränderungen in komplexen Flüssigkeiten, wie sie z.B. in Gelenken oder im Gehirn vorkommen, direkt mit biochemischen Prozessen korrelieren werden.

Generell hat sich die Raman-Spektroskopie in der medizinischen Forschung und Diagnostik zu einem unverzichtbaren Werkzeug entwickelt, welches zur Lokalisierung und Analyse von Tumorgewebe, Arzneimitteln, Drogen und Mikroplastik eingesetzt wird. Ohne spezielle Färbemethoden können damit Informationen über die chemische Zusammensetzung und die molekulare Struktur von organischen Materialien in wässriger Umgebung erhalten werden. Im geplanten Zentrum wird diese Methode in Verbindung mit herkömmlichen Methoden der Fluoreszenzmikroskopie eingesetzt, um neue Wege in der pharmakologischen Forschung zu eröffnen. Die einzigartige Kombination mit der Totalreflexions-Fluoreszenzmikroskopie - Total Internal Reflection Fluorescence - Raman (TIRF-TIRR) - erlaubt die hochsensitive Analyse von Oberflächenprozessen in Zellen. Dadurch können zelluläre Transportprozesse mit Videorate und höchster örtlicher Auflösung analysiert werden, was wertvolle Einblicke z.B. in die Metastasenbildung bietet.

Mit dem geplanten Coherent Raman Scattering (CRS) Mikroskop, dem ersten dieser Art in Österreich, sind hingegen präzise 2D- und 3D-Analysen von Biomaterialien möglich. Diese Technologie erlaubt die zeitsparende chemische Untersuchung von natürlichen 3D-Strukturen ohne vorherige Anfärbung, was unter anderem die Entwicklung zuverlässiger 3D-Modelle als Ersatz für Tierversuche verbessert. Das geplante Mikroskop eröffnet aber noch weitere Analysemethoden wie die Mehrphotonen-/Mehrfarbenmikroskopie, mit der tiefgehende Einblicke in biologische Gewebe und die gleichzeitige Erfassung mehrerer fluoreszierender Farbstoffe möglich sind. Sie ist besonders wertvoll für die dreidimensionale Analyse komplexer biologischer Strukturen. Des Weiteren eröffnet die Fluoreszenz-Lebenszeit-Bildgebung (FLIM) neue Möglichkeiten in der Biosensorik, der Verfolgung von Protein-Wechselwirkungen und der Untersuchung von Zellinteraktionen. FLIM misst die Fluoreszenzlebensdauer von Farbstoffen und liefert damit wichtige Informationen über die molekulare Umgebung in Zellen, wie etwa pH-Werte, der Ionenkonzentrationen oder der Nähe zu anderen Molekülen. Die Kombination mit der Fluoreszenz-Korrelations-Spektroskopie (FCS) eröffnet die quantitative Konzentrationsbestimmung von markierten Molekülen in der Probe und die Untersuchung der Diffusion/Mobilität dieser Moleküle. Studien in lebenden Zellen gewähren somit Einblicke in dynamische molekulare Prozesse, welche für das Verständnis von Protein-Protein- und Protein-Lipid-Interaktionen essenziel sind. Diese in einem Gerät kombinierten Technologien bieten die einzigartige Möglichkeit der multimodalen optischen Bildgebung mit biochemischem, biophysikalischem und molekularem Kontrast und damit die Untersuchung von biologischen Proben mit Video-Rate.

Mit diesen vielfältigen Technologien und der Auswahl an Geräten setzt das BioMediCry-Zentrum neue Maßstäbe in der biomedizinischen Forschung und trägt maßgeblich zur Entwicklung innovativer Therapieansätze bei.

Das BioMediCry-Zentrum wird damit zu einem Referenzzentrum für Österreich und Europa. Die Einbindung der Industrie, insbesondere aus den Bereichen Pharmakologie und Gesundheitstechnologien, verspricht zudem eine wirtschaftliche Stärkung des Standorts und unterstreicht die Bedeutung des Zentrums für die regionale und überregionale Entwicklung.