Digitale Infrastrukturen ermöglichen und ordnen gesellschaftliches Handeln. Bei der Re:publica moderierte Thomas Gegenhuber eine Diskussion mit der Leiterin des Sovereign Tech Funds, Adriana Groh, der Stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft vida in Österreich und Stellvertretende Vorsitzende des ÖBB Konzernbetriebsrats, Olivia Janisch, sowie mit Meinhard Lukas, ehemaliger Rektor der Johannes Kepler Universität Linz und Leiter des Metaverse Labs am Linz Institute for Transformative Change.
Infrastrukturen in den verschiedenen Bereichen sind eine notwendige Voraussetzung, um die Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft - im ökonomischen wie im sozialen Sinne - zu garantieren. Infrastrukturen sind das Spielfeld, auf dem sich die Gesellschaft bewegt - sie ermöglichen Handeln, sie lenken Handeln und eine unzureichende oder nicht vorhandene Infrastruktur kann eben auch Handeln einschränken oder gar verhindern. Traditionellerweise wird mit dem Aufbau von Infrastrukturen ein hoher Kapitalbedarf, lange Planungszeiten, lange Nutzungsdauern und damit in Konsequenz die Schaffung von Pfadabhängigkeiten verbunden (Engartner, 2022).
In einer digitalen Gesellschaft gibt es Infrastrukturen, die sowohl einen physischen Charakter (z.B. Rechenzentren, Netzinfrastruktur) als auch einen digitalen Charakter haben (z.B. digitale Plattformen, AI-Modelle). Während die Infrastrukturpolitik im 20. Jahrhundert fast vorwiegend Aufgabe der öffentlichen Hand war, sieht es im 21. Jahrhundert anders aus. Einige wenige Konzerne kontrollieren wesentliche Aspekte der digitalen Infrastruktur - die Konsequenzen sind eine Machtkonzentration, die zu negativen Effekten für Gesellschaft und Wirtschaft führt bzw. führen kann.
Dieses Panel diskutierte die These, dass unsere Gesellschaft eine (digitale) Infrastruktur braucht, die dem Gemeinwohl dient. Im Sinne der Ökonomin und Innovationsforscherin Marianna Mazzucato ist eine zentrale Antwort: Es braucht einen kompetenten, zukunftsorientierten und risikobereiten Staat, der im Aufbau der öffentlichen (digitalen) Infrastruktur den Ton angibt und den Prozess moderiert. Leichter gesagt als getan. Folgende Perspektiven brachten die Teilnehmer*innen des Panels ein:
Adriana Groh ist Mitgründerin des Sovereign Tech Fund. Der STF stärkt das Open-Source-Ökosystem nachhaltig. Groh erläuterte, wie lebenswichtig digitale Infrastrukturen sind – besonders wenn sie versagen. Sie argumentiert, dass offene, sichere digitale Infrastrukturen Schlüsselelemente der Digitalisierung im öffentlichen Interesse sind und sowohl für Innovation als auch für sektorübergreifende Digitalisierung unverzichtbar sind.
Meinhard Lukas ist ehemaliger Rektor der Johannes Kepler Universität Linz und war dort Förderer des AI-Studiums und der AI-Forschung. Er strebte den Einsatz öffentlicher und privater Mittel für den Aufbau von Rechnerkapazitäten an, um eine europäische Alternative zu ChatGPT und Co. zu ermöglichen. Lukas beleuchtete, warum es in Europa an politischem Willen für diese Infrastrukturen mangelt und warum deren Aufbau gerade jetzt dringlich ist.
Olivia Janisch ist Expertin für öffentliche Schieneninfrastruktur. Sie ist im Zentralbetriebsrat der Österreichischen Bundesbahnen und Mitglied im Frauennetzwerk der Europäischen und Internationalen Transportarbeiterföderation (ETF, ITF). Sie berichtete über ihre Erfahrungen aus der zentralen Infrastruktur der ‘traditionellen’ Wirtschaft und welche Lektionen wir daraus ziehen können, die ebenso relevant für den Aufbau (digitaler) Infrastrukturen sind.