Neue Therapie für Kinder mit Achondroplasie

In Österreich sind rund 200.000 Menschen kleinwüchsig. Das Spektrum an Ursachen und Ausmaßen von Kleinwuchs ist breit.

Prof. Wolfgang Högler
Prof. Wolfgang Högler

Eine neue Therapie verspricht eine bessere Behandlung für Kinder und Jugendliche mit Achondroplasie, wie die 12-jährige Livia aus Linz. Die Johannes Kepler Universität Linz ist an der Entwicklung dieses neuen Medikaments maßgeblich beteiligt.

Achondroplasie ist eine Erbkrankheit, die durch massiven Kleinwuchs geprägt ist: Die übliche Erwachsenengröße liegt dabei zwischen 120 und 140 cm. Die Erkrankung geht aber auch mit schwerwiegenden Komplikationen von Nervenbahnen durch knöcherne Engstellen an der Wirbelsäule und am Hinterkopf, ebenso wie mit knöchernen Fehlstellungen einher. Obwohl Achondroplasie seit tausenden Jahren bekannt ist, gab es bisher keine kausale Behandlung für die betroffen Menschen.

Seit kurzem ist das Medikament Vosoritide (Voxzogo®) zur Behandlung des Kleinwuchses bei Achondroplasie zugelassen und wird an spezialisierten Zentren, wie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde am Kepler Universitätsklinikum unter der Leitung von Vorstand Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Högler, angewendet. Die wirksame und sichere Medikation wird täglich durch eine Injektion unter die Haut verabreicht und beschleunigt das Wachstum.

Neues Medikament in Entwicklung könnte Patient*innen 311 Injektionen pro Jahr ersparen
Nun wurde eine alternative, vielversprechende Behandlung erfolgreich getestet – mit nur einer Spritze pro Woche des langwirksameren Alternativprodukts TransConCNP (Navepegritide). Die Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde ist eines von fünf europäischen Zentren, die ihren Patient*innen im Rahmen einer multizentrischen Studie diese neue Form der Medikation anbieten.

Livia ist eine der Betroffenen. Das 12-jährige Mädchen ist trotz seiner Krankheit sehr aktiv und selbstständig, malt und schwimmt gerne. Seit April 2021 nimmt sie an der Studie teil und erhält die Spritze einmal wöchentlich.

„Wir sind sehr dankbar, dass Livia an der Studie teilnehmen kann. Sie ist unter ständiger Aufsicht der Ärzt*innen, was uns auch psychisch entlastet. Unsere Tochter ist selbstbewusster geworden und beginnt sich selbst zu akzeptieren. Jeder Fortschritt unseres Kindes bereitet uns sehr viel Freude. Seit einem Jahr besucht Livia eine neue Schule, in der sie Freunde gefunden hat und singt im Schulchor“, sagt Livias Mutter.

Univ.-Prof. Wolfgang Högler zeigt sich erfreut über die Erfolge: „Mit der neuen Therapie in der nun etablierten Dosierung (Phase-2-Studie) sind im ersten Behandlungsjahr über 1 cm mehr Wachstum als ohne Therapie zu verzeichnen. Das mag wenig erscheinen, aber wenn dieser Effekt über mehrere Jahre anhält, wäre – bei frühzeitigem Therapiebeginn – ein guter Zuwachs an Körpergröße im Erwachsenenalter möglich. Wir hoffen aber auch auf andere positive Effekte der Therapie, die wir aber nur mit Langzeitstudien eruieren können: nämlich die Weitung der knöchernen Engstellen während des Wachstums die zu neurologischen Problemen im Erwachsenenalter führen können. Dazu müssen wir die Kinder bis zum Erwachsenenalter beobachten und die entsprechenden Daten erheben, wenn die Körperendgröße bzw. das Erwachsenenalter erreicht ist. Es gibt noch viel zu tun.“

Die Erfolge dieser Studie wurden kürzlich in der renommierten Fachpublikation „Lancet Discovery (eClinicalMedicine)“ veröffentlich und demonstrieren Wirksamkeit und Sicherheit dieses Präparats. Die JKU Linz ist an der Entwicklung dieses neuen Medikaments maßgeblich beteiligt. Im Falle einer Marktzulassung könnte man, bei ähnlicher Wirksamkeit und Sicherheit zum kurzwirksamen Präparat, den Patient*innen 311 Spritzen pro Jahr ersparen.

Zum Paper in der Publikation „Lancet Discovery (eClinicalMedicine)“ kommen Sie hier, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster