Universitätsmedizin: Hoffnung bei angeborenen Muskelerkrankungen.
Eine genetisch bedingte Muskelerkrankung war früher ein Todesurteil. Dank Forschung gibt es am Kepler Universitätsklinikum eine Genersatztherapie, die bei Früherkennung den Patient*innen eine normale Entwicklung ermöglicht. Julia, 23 Monate alt, entwickelt sich ganz normal und hat vor kurzem Laufrad fahren gelernt, obwohl sie an Spinaler Muskelatrophie (SMA Typ I) leidet, einer sehr seltenen genetischen Krankheit, die innerhalb des ersten Lebensjahres zum Tod führt. Bis vor Kurzem. Julia wurde im April 2021, in der ersten Lebenswoche, früh diagnostiziert und erhielt an der Universitätsklinik für Kinder und Jugendheilkunde noch vor Beginn von Symptomen, Zolgensma. Dabei handelt es sich um eine Genersatztherapie, bei der ein funktionierendes Gen über einen Virusvektor in den Körper eingebracht wird und so das Protein hergestellt wird, das Patient*innen mit Spinaler Muskelatrophie fehlt. Früh behandelt haben Patient*innen mit SMA die Chance auf eine normale Entwicklung durch diese revolutionäre Therapie. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Högler, der an der Johannes Kepler Universität Linz zum Thema seltener Erkrankungen forscht, gibt Einblick in das Krankenbild und die Therapie.
Was genau ist Spinale Muskelatrophie?
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Högler: Ein Defekt im SMN1 Gen führt zum unwiederbringlichen Verlust von motorischen Nervenzellen im Rückenmark, daher die fortschreitenden schlaffen Lähmungen mit Muskeluntergang. Es gibt je nach Gendefekt hochgradige bis moderate Varianten der Erkrankung. Eine Spezialistin im Kepler Universitätsklinikum ist OÄ Dr.in Astrid Eisenkölbl.
Wie sieht die Therapie aus?
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Högler: Nur die schwersten Fälle (SMA1) führen zum Tod. Hier gibt es eine revolutionäre Gentherapie – das gesunde Gen wird über einen (inaktivierten) Virusvektor in alle Körperzellen gebracht, diese Therapie wird mittels einer Infusion bei Diagnosestellung als Baby verabreicht. Es gibt aber auch eine Reihe anderer Therapien für die schweren, moderaten und milderen Fälle.
Wie kam es zur Entdeckung dieser Therapie?
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Högler: Sobald man den Mechanismus versteht, kann man auch Medikamente entwickeln. Deshalb widme ich mich mit meinem Forschungslabor der JKU der Mechanismusforschung. Die Gentherapie bei SMA ist nur die erste von vielen Gentherapien in Entwicklung bei schweren Erbkrankheiten.