Für Studierende ist laut Maren Engelhardt klassische Lehre immer noch wichtig.
"Das ist ein Buch. Sie finden es in der Bibliothek. Benützen Sie es.“ Diese Sätze hören Studierende an der Medizinischen Fakultät der JKU Linz bei ihrer ersten Anatomievorlesung von Maren Engelhardt. „In meinem Fach genügt es nicht, zu wissen, dass Inhalte irgendwo verfügbar sind“, legt die Universitätsprofessorin für Anatomie und Zellbiologie großen Wert darauf, dass die werdenden Ärzt*innen künftig über eine breite Basis an fundiertem Wissen verfügen.
Lernen wie früher
Manches ist ähnlich wie früher: Die Professorin steht vor den Studierenden und erklärt, wie der menschliche Körper aufgebaut ist und funktioniert. „Wir stehen aber für intensiven Unterricht am Plastinat in Kleingruppen“, erklärt Engelhardt, was heute in Linz doch anders als früher ist. Oft unterrichtet die Lehrkraft nur 15 Studierende. Ein Aha-Erlebnis bei den einmonatigen Präparierkursen, die für die Linzer an der Grazer Uni abgehalten werden: Wenn man einen Körper aufschneidet, sind die Organe dort meist unter viel anderem Gewebe verborgen. „Deshalb ist es wichtig, tatsächlich echte Körper kennenzulernen. In einer Computersimulation sieht das alles viel übersichtlicher aus“, sagt Engelhardt.
Großartig und beeindruckend ist es trotzdem, wenn man das verzweigte System an Blutgefäßen oder die Organe in ihrem Zusammenspiel in 3D im medSpace vor sich hat. Auch wer kein gutes räumliches Vorstellungsvermögen besitzt, erkennt so fast spielerisch Zusammenhänge im Körper. Der innovative Hörsaal an der JKU ist aber relativ seltener Schauplatz für den Unterricht: Weniger als zehn Prozent der Stunden sind der virtuellen Anatomie gewidmet.
Digitalisierung muss sein
Dass der Computer mit seinen Möglichkeiten in der Medizin immer mehr Einzug hält, ist laut der Professorin unaufhaltsam: „Die Digitalisierung und Virtualisierung bringt viele Vorteile. Das soll und muss auf Sicht auch Zeit und Kosten sparen. Momentan ist das aber noch nicht der Fall.“ Auch an lebendigen Menschen lernen die Linzer: Mit Ultraschall erforschen und begreifen sie anatomische Strukturen. „Das gibt es sonst an keiner staatlichen Uni“, so die Professorin. Während des Jahres macht ihr die Lehre viel Freude, nimmt aber viel Zeit in Anspruch. „Der Sommer gehört dafür zu hundert Prozent der Forschung.“ Dann untersucht die Neurowissenschafterin, warum sich Erlerntes im Gehirn besser verankern lässt, wenn es im Ruhezustand ist. Auch herauszufinden, wo und wie Epilepsie entsteht, ist ein Forschungsziel. Die Grundlagenforschung soll auf lange Sicht beim Heilen helfen.