Weltweit erkranken jährlich rund 10 Millionen Menschen durch den Mycobacterium tuberculosis-Komplex an Tuberkulose (TB).
Am 24. März ist Welttuberkulosetag. An diesem Tag jährt sich die Entdeckung des Tuberkulose-Bakteriums durch den deutschen Infektiologen Robert Koch zum 141. Mal. An der Medizinischen Fakultät der Johannes Kepler Universität Linz wird an der Verbesserung der Therapien geforscht.
Die Tuberkulose zählt global zu einer der häufigsten Todesursachen mit rund 1,5 Millionen Todesopfern pro Jahr. Vor der COVID-19-Pandemie wurde dieser Wert von keinem anderen einzelnen Erreger übertroffen. Zuletzt führte die COVID-19-Pandemie seit langem wieder zu einer Zunahme an Neuinfektionen weltweit, da ein Großteil der Ressourcen für die Bekämpfung der Pandemie eingesetzt wurde und bestimmte TB-Medikamente nicht mehr erhältlich waren. Die größte Krankheitslast verteilt sich auf Regionen in Afrika und Süd-Ost-Asien.
Tuberkulose ist eine ansteckende, hauptsächlich durch Tröpfchen und Aerosole übertragbare Infektionskrankheit, die vor allem die Lungen befällt. In Österreich wurden laut AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) im Jahr 2021 396 Neuerkrankungen mit Tuberkulose gemeldet. Dies entspricht 4,4 Fällen pro 100.000 Einwohner*innen. Bei einem globalen Durchschnitt von 134 Fällen pro 100.000 Einwohner*innen ist das ein vergleichsweise niedriger Wert.
„An der Universitätsklinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie werden pro Jahr rund 70 neuinfizierte Patienten*innen mit Tuberkulose in Isolierzimmern mit Unterdrucksystem betreut“, sagt Oberarzt Helmut Salzer. Er leitet die TB Infektionsstation am Kepler Universitätsklinikum und ist Arbeitskreisleiter für Infektiologie in der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie. „Ein weiterer wichtigen Teil der klinischen Arbeit stellt auch die Beratungstätigkeit für Kolleg*innen dar. Wir haben einen kostenfreien telefonischen Tuberkulose-Beratungsservice für Ärzt*innen ins Leben gerufen“, erklärt Salzer.
Tuberkuloseforschung an JKU und KUK
„Auf der Pneumologischen Infektiologie liegt einer unserer Forschungsschwerpunkte“, sagt Univ.-Prof. Bernd Lamprecht, Vorstand der Universitätsklinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie. „Infektiologie gehörte schon vor Corona zu unserem Arbeitsalltag, aber der Bedarf an infektiologischer Expertise und an entsprechender Forschung und Versorgung hat seit der Pandemie sehr deutlich zugenommen. In wissenschaftlicher Hinsicht hat sich eine kaum vergleichbare und äußerst wertvolle internationale Kooperationsbereitschaft und ein besonders hohes Tempo beim Wissenszuwachs ergeben“, so Lamprecht.
Zuwander*innen und Flüchtlinge aus Hochprävalenzländern sowie Menschen aus sozialen Randgruppen und Menschen, deren Erkrankung erst im höheren Alter ausbricht, gehören zu den Risikogruppen für eine Tuberkuloseerkrankung. In Zusammenarbeit mit dem Forschungsnetzwerk TBnet werden in einem weiteren Projekt Migrant*innen-sensitive Behandlungsstrategien evaluiert. Hier soll auf kulturelle und religiöse Unterschiede eingegangen werden, wie zum Beispiel Vorbehalte gegenüber Blutabnahmen. Ziel ist eine verbesserte Versorgung für diese vulnerable Patient*innengruppe.
Trotz medikamentöser Behandlungsoptionen zählt die Tuberkulose nach wie vor zu den häufigsten und tödlichsten Infektionskrankheiten weltweit. Das liegt einerseits daran, dass Infizierte in vielen Fällen nicht behandelt werden und andererseits an Antibiotika-Resistenzen, wodurch sich die Behandlung zunehmend schwierig gestaltet. An der JKU und am Kepler Universitätsklinikum wird im Rahmen von internationalen Forschungskooperationen an verbesserten Therapiemöglichkeiten gearbeitet. Aktuell läuft eine Phase-III-Studie zur Wirksamkeit von Hochdosis-Rifampicin bei Patienten*innen mit sensibler Lungentuberkulose. Rifampicin ist ein bakterizid wirksames Antibiotikum. Höhere Rifampicin-Spiegel zeigen in Studien eine höhere Wahrscheinlichkeit für einen frühen Wandel von positivem zu negativem Erregernachweis (=Sputumkonversion).
Forschungsprojekt in Gambia
Bis heute ist das Ausmaß an Spätfolgen durch eine Lungentuberkulose unklar. Erste Studien zeigen eine deutliche Korrelation zwischen COPD (Chronisch obstruktive Lungenerkrankung)und einer durchgemachten Lungentuberkulose. Das relative Risiko an einer COPD zu erkranken ist bei Nie-Raucher*innen nach einer Tuberkuloseerkrankung höher als in der Allgemeinbevölkerung inklusive der Raucher*innen.
Im Rahmen des internationalen Forschungsprojekts TB Sequel werden die Langzeitauswirkungen einer durchgemachten Tuberkulose untersucht. Neben drei anderen afrikanischen Studienzentren werden auch am MRC The Gambia der London School of Hygiene and Tropical Medicine mögliche zugrundeliegende immunologische Prozesse untersucht. Die dafür benötigten Proben werden mittels bronchoalveolärer Lavage während einer Lungenspiegelung gewonnen. Bis vor kurzem gab es in Gambia landesweit jedoch keine dafür benötigte Bronchoskopie-Einheit. Während eines sechsmonatigen Aufenthalts in Gambia konnte Dr. Matthias Neuböck von der Universitätsklinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie den Aufbau einer solchen Bronchoskopie-Einheit leiten. Neben dem Sammeln von Proben stand dabei vor allem capacity building und das Training und Teaching von Kolleg*innen vor Ort im Vordergrund.