Projektleitung:
- Univ.-Prof. Dr. Helmut Hirtenlehner, Institut für Procedural Justice
Zwischen straf- und fremdenrechtlichen Verfahren bzw Entscheidungen bestehen wechselseitige Abhängigkeiten. So kann sich eine strafgerichtliche Verurteilung Fremder beispielsweise negativ auf ihre Bewegungsfreiheit, ihren aufenthaltsrechtlichen Status sowie überhaupt ihr Aufenthaltsrecht in Österreich auswirken und mithin Grundlage für fremdenrechtliche Reaktionen inklusive aufenthaltsbeendender Maßnahmen und deren zwangsweise Umsetzung im Wege der Abschiebung sein. Auswirkungen sind aber auch in die „andere Richtung“ denkbar, sodass asylrechtliche Verfahren und Entscheidungen den Strafprozess und dessen Ausgang zu beeinflussen vermögen.
Bis dato fehlt eine gesamthafte wissenschaftliche Aufbereitung dieser rechtlichen und faktischen Interdependenzen. Mit vorliegendem Forschungsprojekt wird das Ziel verfolgt, diese Lücke zu schließen: Zunächst sollen die rechtlichen Zusammenhänge zwischen fremden- und strafrechtlichen Verfahren zusammenfassend beschrieben werden. Zu dieser Illustration der rechtlichen Interdependenzen soll auf deren Basis eine repräsentative empirische Untersuchung der tatsächlichen wechselseitigen Einflussnahme von Fremdenrecht (Asylrecht) und Strafrecht aufeinander hinzutreten. Die Vorgehensweise folgt dabei einem sequentiellen Mixed-Methods-Design (Qual – Quant – Qual), das leitfadengestützte Interviews mit diversen „Stakeholdergruppen“ umfangreichen quantitativen Aktenanalysen sowohl vorausgehen als auch nachfolgen lässt.
Im Rahmen dieses Projekts sollen erstens die Ergebnisse der rechtlichen Analyse der Interdependenzen der einschlägigen Bereiche des Straf- und Fremdenrechts sowohl der Wissenschaft, aber insbesondere auch der Praxis zur Verfügung gestellt werden, um so den Wissensstand der zuständigen Organe der Strafjustiz und der Verwaltung in der jeweils „fremden“ Materie positiv zu beeinflussen. Zweitens soll der im Rahmen der empirischen Untersuchung erhobene Status Quo in der Praxis eine Basis für die Effektuierung der fremden- und strafrechtlichen Verfahren bilden und der Praxis eine wertvolle Rückmeldung über ihr Entscheidungsverhalten in der Vergangenheit geben. So können Konfliktpunkte auf rechtlicher und tatsächlicher Ebene identifiziert und Lösungsvorschläge entwickelt werden.
Das Projekt ist eine Zusammenarbeit zwischen dem Zentrum für Kriminologie der JKU (Univ.-Prof. Dr. Helmut Hirtenlehner, Univ.-Prof. Dr. Alois Birklbauer, Dr.in Lisa Schmollmüller), dem Institut für Staatsrecht und Politische Wissenschaften der JKU (Univ.-Prof.in Dr.in Martina Kofler-Schlögl, Dr. Manuel Neusiedler) und dem Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Wien (Assoz.-Prof. Dr. Farsam Salimi).