Univ.-Prof. Dr. Andreas Schell forscht am Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik an Quantenoptik.
Am 29. Jänner hält er gemeinsam mit Univ.-Prof. Gerd Bramerdorfer seine Antrittsvorlesung. Im Interview spricht er über seine Forschung.
In welchem Bereich forschen Sie?
Univ.-Prof. Andreas Schell: Ich forsche im Bereich der Quantenoptik und hier insbesondere daran, Festkörper-Quantenemitter zu verstehen und das gewonnene Wissen zu nutzten, um neuartige quantentechnologische Anwendungsfelder zu erschließen. Hierzu ist es beispielsweise wichtig, die Emitter in optische Schaltkreise einzubetten.
Neben diesem Hauptthema beschäftige ich mich auch mit anderen Themen wie Spektroskopie von Atomdämpfen, levitierten Nanoteilchen und dem Zusammenspiel von Lichtteilchen und Gravitation.
Warum haben Sie sich für die JKU entschieden und worum geht es in Ihrer Antrittsvorlesung konkret?
Univ.-Prof. Andreas Schell: Durch die große Breite meiner Forschung benötige ich vielfältige Kooperationspartner*innen. Die JKU bietet mir genau das Umfeld, das ich benötige, um meine Forschung voranzutreiben. Es gibt an der TNF-Fakultät Expertise auf sehr unterschiedlichen Gebieten und ich bin gerade erst dabei, alle Akteur*innen kennenzulernen. Wir haben aber schon konkrete Ideen zur Herstellung von nanostrukturierten Optiken entwickelt, oder, mit industrienahen Partner*innen, zu neuen Sensorik-Konzepten.
Die JKU ist auch in Bezug auf die Ausstattung ein hervorragender Ort. Der neue Reinraum im LIT Open Innovation Center ermöglicht es, die in meiner Forschung benötigten quantenoptischen Chips vor Ort mit modernen Maschinen herzustellen.
In meiner Antrittsvorlesung wird es hauptsächlich um Festkörper-Quantenemitter gehen. Es soll beleuchtet werden, was deren Eigenschaften sind und wie man sie verwenden kann, um Quantenzustände mittels einer integrierten Technologie zu erzeugen. Dabei werde ich einige der innovativen Methoden zur Integration vorstellen, die wir entwickelt haben.
Was begeistert Sie an diesem Bereich?
Univ.-Prof. Andreas Schell: Physik ist ein sehr vielfältiges Thema und viele Bereiche begeistern mich. Die Quantenoptik und Quantentechnologie sind dabei sich aktuell sehr rasch entwickelnde Themenbereiche, die Experimente zu konkreten Anwendungen bis hin zu Experimenten zum Verständnis der physikalischen Gesetze der Welt ermöglichen. Diese Vielfältigkeit begeistert mich immer wieder aufs Neue. Ebenfalls macht mir die konkrete Arbeit am Experiment im Optiklabor enormen Spaß.
Wofür ist diese Forschung überhaupt notwendig bzw. wie verbessert sie unser Leben?
Univ.-Prof. Andreas Schell: Forschung wird zum Erkenntnisgewinn betrieben. Ob eine neue Erkenntnis unser Leben verbessert, ist etwas, das individuell sehr unterschiedlich empfunden werden kann.
Unsere Forschung über die Quantenphysik hat aber auch das Potenzial, neuartige, effizientere Lösungen für aktuelle technische Probleme zu bringen. Aktuell interessiere ich mich besonders dafür, wie solche quantenmechanischen Effekte zur Verbesserung von Sensoren verwendet werden können. Damit können beispielsweise Eigenschaften wie Genauigkeit, Stromverbrauch oder aber auch die Baugröße optimiert werden. Derzeit entwickeln wir ein auf Atomdämpfen basierendes Messkonzept, welches kleinste Geschwindigkeiten mit höchster Präzision messen kann.
Darüber hinaus ist es auch eines meiner Ziele, durch innovative Messprinzipien in der Lage zu sein, Effekte zu erforschen, die sich mit klassischen Sensoren nicht messen lassen. Damit wird neben den Anwendungen auch unser Wissen über die fundamentalen Grundlagen der Physik erweitert.
Warum sollten sich Studierende Sie als Lehrenden wünschen?
Univ.-Prof. Andreas Schell: Die Studierenden haben an der JKU die Auswahl zwischen vielen engagierten Lehrenden. Ich halte es für wichtig, dass die Studierenden auch die Möglichkeit haben, verschiedene Herangehensweise an die Lehre zu erleben.
Mir ist es wichtig in der Lehre Kreativität und selbstständiges Denken zu fördern, damit die Studierenden befähigt werden nicht nur Lehrinhalte zu reproduzieren, sondern sich auch kritisch mit diesen auseinandersetzen zu können. Ich bin überzeugt, dass die Fähigkeit, die vorgetragene Perspektive des Lehrenden zu verlassen und eigenständig wissenschaftlich zu argumentieren, für zukünftige Forschende äußerst wichtig ist. Ich versuche die Studierenden eng zu betreuen und habe immer ein offenes Ohr für ihre Belange.
An welchem Projekt arbeiten Sie momentan konkret?
Univ.-Prof. Andreas Schell: Aktuell ist mein Hauptprojekt, neue Quantenoptik-Labore an der JKU aufzubauen. Sobald dieser Bau abgeschlossen ist, wird er mit Leben befüllt: Mikroskopie und Spektroskopie müssen ebenso aufgebaut werden wie die Charakterisierung von Quantenzuständen.
Es laufen parallel auch noch Arbeiten an meiner vorherigen Forschungsstätte in Hannover über Spektroskopie und Quantenemitter. Diese an die JKU zu migrieren wird eine weitere Herausforderung.
Neben den konkreten Forschungsprojekten arbeite ich auch daran, in Österreich anzukommen. Ich habe in der Vergangenheit an vielen Orten in verschieden Ländern wie Japan, Spanien oder der Tschechischen Republik gearbeitet, aber nun will ich viele neue Kontakte in Österreich knüpfen. Aufgrund der großen Forschungslandschaft hier erwarte ich, dass mich dieses Projekt noch lange Zeit begleiten wird.
Welche Hobbys haben Sie?
Univ.-Prof. Andreas Schell: Die Forschung und das Durchführen von Experimenten bereiten mir viel Spaß, nicht nur in Bezug auf die Physik. Da dies aber zu nahe an meinen professionellen Aufgaben ist, will ich das lieber nicht als Hobby nennen.
Neben Beschäftigungen wie Schachspielen oder Bücher lesen sind meine Freizeitaktivitäten oft abhängig vom Ort. In Spanien war ich viel Schwimmen und in Hannover habe ich das flache Land mit dem Fahrrad erkundet. Jetzt in Linz habe ich den Vorsatz, mehr zu wandern und die Natur zu genießen. Ebenso freue ich mich auf die vielfältigen kulturellen Aktivitäten, die Linz und seine Umgebung bieten.
Was wollen Sie in Ihrem Leben unbedingt noch machen oder erreichen?
Univ.-Prof. Andreas Schell: Ich schaue gerne über den Tellerrand und würde gerne noch andere Fachgebiete jenseits der Physik studieren. Leider ist studieren recht zeitintensiv, sodass das auf absehbare Zeit nicht möglich sein wird. Allerdings hoffe ich, dass ich Teil von vielen interdisziplinären Projektteams werden und dann auf diese Weise mein Wissen erweitern kann. Zurzeit führe ich Gespräche mit Wissenschaftler*innen aus anderen Bereichen wie den Ingenieurs- oder auch Geisteswissenschaften, um innovative Ideen aus einer transdisziplinären Perspektive zu entwickeln. Ein Projekt in diese Richtung habe ich schon begonnen: Zusammen mit Soziolog*innen untersuchen wir die Beweggründe zur Wahl eines Freiwilligenjahres nach Schulabschluss und die Auswirkungen auf folgende Studien oder die Berufswahl.