Mit April 2023 hat Univ.-Prof. Dr. Raimund Helbok den Lehrstuhl für Neurologie übernommen.
Der gebürtige Innsbrucker war zuletzt als Leiter der Neurologischen Intensivstation an der Medizinischen Universität Innsbruck tätig. Es ist der 20. Lehrstuhl insgesamt und der 13. klinische Lehrstuhl in der jungen Geschichte der Medizinischen Fakultät der Johannes Kepler Universität Linz, der mit einem international anerkannten Spitzenmediziner besetzt werden konnte.
Die neue Universitätsklinik für Neurologie, mit insgesamt 161 Betten eine der größten neurologischen Abteilungen Europas, entsteht aus den 2021 bereits zusammenführten Kliniken für Neurologie 1 (Neuromed Campus) und Neurologie 2 (Med Campus 3) des Kepler Universitätsklinikums.
Mit der Berufung an die JKU übernimmt Raimund Helbok die Leitung der neuen Universitätsklinik und ist für die Versorgung der Patient*innen als auch für Lehre und Forschung verantwortlich.
Forschung: Fokus auf Prävention und Künstliche Intelligenz
Ein zentraler Forschungsschwerpunkt von Univ.-Prof. Helbok liegt im Bereich der neurologischen Intensivmedizin: in der Früherkennung und Prävention von Mechanismen, die zu einer weiteren Hirnschädigung nach Schlaganfall, Hirnblutung, Trauma, Epilepsie und neuroinfektiologischen Erkrankungen führen. „Hier liegt bereits eine Vielfalt an eigenen klinischen und wissenschaftlichen Arbeiten aus meiner bisherigen Arbeitsgruppe vor, die ich an der JKU im nationalen und internationalen Kontext fortführen und intensivieren werde“, sagt Helbok. Ziel ist, das Fachgebiet der Neurologie als Referenzstandort einer Universitätsklinik in Oberösterreich im klinischen und wissenschaftlichen Bereich zu festigen.
Helbok möchte insbesondere innovative Konzepte der Datenerfassung mit automatisierter Erkennung von Komplikationen und zur frühzeitigen Prognoseerstellung, u.a. bei einem Schlaganfall, mit Hilfe von Artificial Intelligence im Rahmen von Forschungsprojekten mit Partner*innen aus akademischen Einrichtungen und der Industrie etablieren. „Dies wird dazu führen, dass die Universitätsklinik für Neurologie einen wissenschaftlichen und klinischen Fokus im Bereich der neurologischen Akut- und Intensivmedizin sowie der Neuroinfektiologie haben wird“, erklärt Helbok.
Aber auch andere Forschungsbereiche verschiedener Arbeitsgruppen im breiten Fachgebiet der Neurologie u.a. im Bereich von Bewegungsstörungen, dementiellen Erkrankungen, Schlafmedizin, Kopfschmerz, Neuroonkologie sowie Erkrankungen des peripheren Nervensystems möchte Helbok vertiefen und weiterentwickeln.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Koma-Forschung. Hier war Prof. Helbok Mitbegründer der Curing Coma® Campaign der amerikanischen Neurocritical Care Gesellschaft. Ziel dieser Arbeitsgruppe ist es, die Verbindungen des Gehirns zu entschlüsseln, die für das Erwachen aus dem Koma notwendig sind, um die Prognose künftig besser einschätzen zu können. „Als internationale Arbeitsgruppenleiter für klinische Studien dieser Kampagne initiieren ich und mein Team aktuell eine weltweite Studie, um die Variabilität des Managements und den Effekt unterschiedlicher Behandlungsstrategien auf das Langzeit-Outcome zu untersuchen“,erklärt Helbok. Als repräsentatives Zentrum für Österreich wird die Universitätsklinik für Neurologie der JKU teilnehmen. Ein besonderer Aspekt in dieser Studie liegt in der Betreuung betroffener Patient*innen in Ländern mit limitierten Ressourcen.
Lehre: Über den Tellerrand blicken
Bei Helboks klinischen Forschungsaufenthalten in Ländern mit eingeschränkten Ressourcen stand das Fundament der Neurologie – die klinische Diagnostik – immer im Vordergrund. Durch den rasanten technischen Fortschritt in Diagnostik und Therapie sowie die alltägliche Verfügbarkeit der apparativen Diagnostik sind diese ursprünglichen Skills mancherorts in den Hintergrund gerückt. „Ein wichtiger Fokus in der Ausbildung und der Lehre besteht für mich darin, dieses Fundament der klinischen Diagnostik zu vermitteln und aufrechtzuerhalten“, betont Prof. Helbok.
An der JKU besteht ein ausgereiftes Lehrkonzept, das sich durch Studierendenfreundlichkeit, Innovation und fachübergreifende Zusammenarbeit auszeichnet. Moderne E-Learning Konzepte mit Online-Lernplattformen, problemorientiertem interdisziplinären Lernen, Vermittlung von praktischen Skills sowie die Vermittlung von gender-spezifischen Aspekten sind Prof. Helbok ein Anliegen. „Ich sehe die Lehrenden immer mehr in der Funktion eines Coaches. Deshalb möchte ich vermitteln wie wichtig es ist, in der Medizin über den Tellerrand hinauszuschauen: nicht nur fachübergreifend interdisziplinär, sondern auch mit anderen Professionen“, sagt Helbok, der auch den neurowissenschaftlichen Nachwuchs an Forschenden und Ärzt*innen an der Universitätsklinik unterstützen und langfristig sichern möchte.
Das Besondere am Ärzt*innenberuf sei die Vielfalt der Möglichkeiten der persönlichen Entwicklung, die sich während und nach der Ausbildung ergeben, so Helbok. „An der Neurologie hat mich immer schon fasziniert, was wir noch nicht wissen. Die Neurologie ist ein hochdynamisches Fach mit rasanten Entwicklungen u.a. in der Gentherapie, der tiefen Hirnstimulation, Schlaganfallversorgung und der zunehmenden Möglichkeit, unterschiedliche Phänotypen von Erkrankungen zu identifizieren. Dies ermöglicht uns bereits jetzt, aber in Zukunft noch viel mehr individualisierte Therapiekonzepte für einzelne Patient*innen anzubieten“, sagt Raimund Helbok.
Glückwünsche zur Berufung von Univ.-Prof. Dr. Raimund Helbok
„Ich gratuliere Univ.-Prof. Raimund Helbok, der sich in einem hochkompetitiven internationalen Verfahren klar durchsetzen konnte, zur Professur“, sagt JKU Rektor Meinhard Lukas. „Die JKU gewinnt mit ihm einen leidenschaftlichen Forscher, einen ambitionierten Lehrer und Arzt, der interdisziplinär denkt und arbeitet. Die Patientinnen und Patienten des Kepler Universitätsklinikums profitieren von einer erstklassigen Versorgung und den neuesten Erkenntnissen und Therapien, die forschungsgeleitete Universitätsmedizin hervorbringt. Ich bin überzeugt, dass Univ.-Prof. Helbok die gute klinische und wissenschaftliche Kooperation mit anderen Disziplinen der JKU und des Kepler Universitätsklinikums, die mit der Neurologie Schnittstellen haben fortführen und weiter ausbauen wird.“
„Ich heiße Univ.-Prof. Helbok herzlich an unserer Fakultät willkommen. Die Neurologie zählt zu den großen lehr- und forschungsintensiven medizinischen Sonderfächern und ist essenziell für unsere beiden Forschungsschwerpunkte Alters- und Versorgungsforschung. Die Neurologie eignet sich hervorragend füreine fächerübergreifende Zusammenarbeit u.a. mit der Neurochirurgie im geplanten Klinischen Forschungsinstitut für Neurowissenschaften,“ sagt Elgin Drda, Vizerektorin für Medizin und Dekanin der Medizinischen Fakultät der JKU zur Besetzung der 13. klinischen Professur an der Medizinischen Fakultät der JKU.
„Ich freue mich sowohl für die Klinik für Neurologie als auch für das gesamte Universitätsklinikum, dass wir mit Prof. Helbok einen neurologischen Experten gewinnen konnten, dem medizinische Versorgung, Forschung und Lehre gleichermaßen ein großes persönliches Anliegen sind. Mit seinem Dienstantritt werden die beiden Kliniken für Neurologie 1 und Neurologie 2 organisatorisch zu einem standortübergreifenden Universitätsklinikum zusammengeführt und die Schwerpunkte an beiden Standorten gemeinsam mit den bestehenden Teams weiterentwickelt. Ich wünsche Prof. Helbok und dem gesamten Team der nun neuen Universitätsklinik für Neurologie alles Gute“, sagt Franz Harnoncourt, Geschäftsführer des Kepler Universitätsklinikums anlässlich des Dienstantritts des Universitätsprofessors.
Zur Person:
Univ.-Prof. Dr. Raimund Helbok wurde am 28. Jänner 1974 in Innsbruck geboren. Er studierte, promovierte und habilitierte an der Medizinischen Universität Innsbruck. Er hat Forschungsaufenthalte an der Mahidol Universität in Bangkok, Thailand, im Albert Schweitzer Krankenhaus, Lambaréné, Gabon und an der Neurologischen Abteilung der Columbia-Universität in New York, USA absolviert. Zuletzt war Helbok als stv. Leiter der Neurologischen Intensivstation und Akut-Nachsorge sowie im Leitungsgremium der Universitätsklinik für Neurologie an der Medizinischen Universität Innsbruck und ist weiterhin aktiv in diversen medizinischen Gesellschaften und bei der EMA (European Medicines Agency) tätig.
Ausgleich findet Univ.-Prof. Helbok in der Natur, beim Sport (Mountainbiken, Schifahren, Langlaufen, und Wandern), bei guter Musik, und vor allem im Kreis der Familie und unter Freunden. Von seiner neuen Wahl-Heimatstadt zeigt sich Helbok begeistert: „Der erste Eindruck für meine Familie und mich war sehr positiv! Linz bietet ein breites Spektrum an Kunst, Kultur und Kulinarik. Ein besonderes Flair entsteht durch die Einbindung der Uferbereiche der Donau in das Zentrum von Linz.“