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Interview: Mechanik bewegt die Welt
 

Im Interview spricht JKU Heimkehrer Prof. Michael Krommer über ein neues Kapitel der Mechatronik.

Professor Michael Krommer
Professor Michael Krommer

Mit 1. Februar dieses Jahres schloss sich für Prof. Michael Krommer ein Kreis: Als Student der Mechatronik kam er an die JKU, begann danach seine wissenschaftliche Karriere am Institut für Technische Mechanik, und kehrte nun nach einer Professur an der TU Wien als Nachfolger von Prof. Hans Irschik wieder an die JKU zurück. Damit beginnt ein Generationenwechsel an der JKU Mechatronik, der mit dem neuen Studium Maschinenbau Hand in Hand geht und so für die Mechatronik ein neues Kapitel aufschlägt. Darüber und über seine Leidenschaft für die gesamte Bandbreite der Mechanik spricht Prof. Krommer im Interview mit Isabella Staska (Leiterin der Abteilung Forschungsservice und Wissenstransfer an der JKU).

Prof. Krommer, da Sie die JKU ja bestens kennen, kann ich mir die Einstiegsfrage, wie Sie sich inzwischen eingelebt haben, wahrscheinlich sparen?

Krommer (lacht): Ja, danke, ich kenne natürlich die meisten Kollegen – zumindest in der Mechatronik - schon lange, und da ich auch hier studiert habe, finde ich mich auch sonst an der JKU gut zurecht. Mit Blick aus meinem Büro auf die Baustelle des Science Park 5-Gebäudes fühle ich mich auch gleich wieder heimisch, denn als ich zuletzt an der JKU war, habe ich aus meinem damaligen Bürofenster auf die Baustelle des Science Park 2-Gebäudes geschaut… Besonders gut gefällt mir die offene Konzeption des Science Parks, wodurch ein direkter Austausch mit den Studierenden möglich ist. Diesen an der JKU alltäglichen Kontakt habe ich während meiner Zeit an der TU Wien – aufgrund der sehr großen Anzahl an Studierenden – doch sehr vermisst.

 

Sie haben selbst hier Mechatronik studiert, wie schwierig haben Sie das Studium damals empfunden?
Krommer: Ich bin ja von einer AHS gekommen. Da könnte man meinen, dass man gegenüber HTL-Absolventinnen und -Absolventen vielleicht einen gewissen Nachteil hat, aber ich habe das immer eher als Vorteil empfunden. Ich denke, wenn man von der AHS ein gutes Niveau in Mathematik mitbekommt, dann kann man auch schon zu Beginn des Studiums problemlos mit den HTL-lern mithalten.

 

Der Einstieg ins Studium wurde nun aber etwas verändert?

Krommer: Ja, bei den Engineering Sciences – das sind Elektronik und Informationselektronik, Kunststofftechnik, Maschinenbau und Mechatronik – ist das erste Jahr für alle Studienrichtungen weitgehend gleich. Das heißt ich versuche Mechanik so zu lehren, dass sowohl MechatronikerInnen, Maschinenbau-Studierende, KunststofftechnikerInnen, aber auch Medical Engineers nicht nur die gleichen Grundlagen erlernen und verstehen, sondern auch die Bedeutung der Mechanik für ihr Studium erkennen. Das ist zwar eine gewisse Herausforderung, aber für mich insofern spannend, weil ich die Mechanik ohnehin sehr breit sehe.

 

Was kann man sich denn als Laie unter Mechanik alles vorstellen?

Krommer: Bei der Mechanik geht es grundsätzlich um die Beschreibung der Bewegung von materiellen Körpern, also von Körpern welche massebehaftet sind. Dies basiert auf physikalischen Gesetzen, wobei diese in der Technischen Mechanik auf praktische Problemstellungen des Ingenieurwesens – also der Engineering Sciences – angewandt werden. Das können zum Beispiel Stahlbänder in Walzwerken der stahlproduzierenden Industrie sein, aber auch elektro-aktive Polymere und Elastomere, an denen an der JKU auch die Physik weicher Materie und die Kunststofftechnik forscht. Oder auch biologische Systeme, die einem natürlichen Wachstum unterworfen und damit ebenfalls in Bewegung sind. Für uns spannend ist dabei die Frage, wie sich unterschiedlichste bewegte Strukturen verhalten, wie wir dies beschreiben, effizient simulieren und auch messen können. Hierzu werden neue, problemorientierte Methoden sowohl in grundlagen- als auch anwendungsorientierten Forschungsprojekten für spezifische Problemstellungen entwickelt, welche aber auch für andere Projekte anwendbar sind. Beispielsweise ist in einem Forschungsprojekt mit Primetals eine neuartige Methode zur Simulation von axial bewegten Stahlbändern entstanden, welche aber auch für biologische Strukturen und deren Wachstum anwendbar ist.

 

Kommen Ihre Forschungsansätze nur für Projekte mit der Großindustrie in Frage?

Krommer: Nein, ganz im Gegenteil, der methodenorientierte Fokus unserer Forschungen erlaubt die Anwendung der Ergebnisse sowohl für Projekte der Großindustrie wie auch für Klein- und Mittelbetriebe. Wir sind mit unserem bestens ausgestatteten Schwingungsmesstechniklabor aber gerade auch für Klein- und Mittelbetriebe interessant, wenn z.B. Probleme mit Schwingungen und Schallabstrahlung auftreten und diese messtechnisch untersucht werden sollen. Hier stehen neben einem Scanning Laser Vibrometer auch Geräte zur Schallmessung und zur Lokalisierung von Schallquellen zur Verfügung. Übrigens sind wir – soweit wir das angesichts der derzeitigen Umstände im Moment sagen können - auch mit einem Projekt beim nächsten Ars Electronica-Festival, das ja hier am Campus stattfinden wird, vertreten. Dabei geht es darum, in einer Verbindung von Schwingungsmesstechnik und Schallmessung Schall sichtbar zu machen und künstlerisch darzustellen.

 

Wo liegen denn derzeit die Forschungsschwerpunkte am Institut für Technische Mechanik?

Krommer: Meine Leidenschaft liegt in der gesamten Mechanik, gerade deshalb, weil sie so breit und in vielen Bereichen gerade in der heutigen Zeit von großer Bedeutung ist. Von Hochhäusern und Brücken mit mehreren hundert Metern bis zu mechanischen Strukturen im Nanobereich. Ich möchte deshalb am Institut – so wie bisher – auch keinen engen Fokus auf einen Schwerpunkt haben, sondern Forschung und Lehre möglichst breit und offen halten. Natürlich gibt es aber Bereiche, wo ich uns noch ein bisschen stärker aufstellen möchte als bisher – zum Beispiel im Bereich der Smarten Materialien und Strukturen und auf dem Gebiet Computational Mechanics –, damit wir auch international unsere Sichtbarkeit weiter erhöhen.

 

Sind dafür in nächster Zeit auch spezielle Konferenzen an der JKU in Planung?
Krommer: Ja, z.B. ist es gelungen das 37-te Danubia-Adria Symposium zum Thema Experimentelle Mechanik diesen Herbst zu uns auf den Campus zu holen. Zukünftig ist geplant - auch im Zusammenhang mit meiner Tätigkeit als Mitglied des Board of Directors der International Association for Structural Control and Monitoring bzw. mehrerer wissenschaftlicher Beiräte von Konferenzen zum Thema Smarte Materialien und Strukturen – weitere internationale Konferenzen an der JKU zu diesen Themen zu veranstalten.

 

Wenn Sie an Ihre typische Art, zu forschen, denken, mit welchen Eigenschaftswörtern würden Sie sie beschreiben?
Krommer: Interdisziplinär, lebendig und offen, wissenschaftlich herausfordernd und immer mit der Frage nach dem Nutzen für die Gesellschaft im Hinterkopf.