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Drohne statt Fernglas: Vogelzählung 4.0

Eine neue Kameradrohne in Kombination mit dem JKU-Messverfahren „Airborne Optical Sectioning“ (AOS) „seziert“ den Wald virtuell, um Vögel und Nester zu identifizieren.

Drone mit kamera

Das Wissen über Status und Verbreitung heimischer Vögel ist die Basis für Naturschutzarbeit. In der Nähe von Reichersberg am Inn, direkt an der Grenze zu Deutschland, befindet sich eine der größten Reiherpopulationen Österreichs. Zwischen März und Juli nisten die Tiere in den Baumwipfeln eines abgelegenen Naturschutzgebietes. Die Beobachtung und die Zählung der Vögel stellen Ornithologen vor Herausforderungen, denn viele Tiere und Nester sind in den Baumkronen versteckt und weder aus der Luft noch vom Boden aus gut zu erkennen.


Feldversuch mit Drohne
In einem Feldexperiment testete das Institut für Computergrafik der JKU, in Kooperation mit den beiden naturschutzfachlichen Begleitern Karl Billinger und Christian Doms, in den frühen Morgenstunden des 11. Juli 2019 erstmals eine neue Kameradrohne in Kombination mit dem an der JKU entwickelten Messverfahren „Airborne Optical Sectioning (AOS). Die Drohne mit einem Durchmesser von 1,2 Metern ist mit einer hochaufgelösten Farb- und einer Wärmebildkamera ausgestattet. Um die Vögel nicht zu stören, wurde sie in 350 Metern Entfernung gestartet, tastete völlig autonom das Nistgebiet in einer Höhe von zirka zehn bis 15 Metern über den Baumwipfeln ab und kehrte nach zirka sieben Minuten Flugzeit zum Startplatz zurück. Das aufgenommene Bildmaterial wurde rechnerisch zu einem optischen Gesamtsignal kombiniert, das einer synthetischen Linse von 40x12 Metern Größe entspricht. Dieses Signal erlaubt das „virtuelle Sezieren“ des Waldes vom Boden bis zu den Spitzen der Baumkronen. Dabei können Vögel und Nester, die sich im Messbereich befinden, identifiziert, gezählt und deren dreidimensionale Position bestimmt werden.


Vielfältige Einsatzmöglichkeiten
Die Einsatzmöglichkeiten des AOS Messverfahrens sind vielfältig. Im Rahmen eines vom Wissenschaftsfonds FWF und vom Land Oberösterreich geförderten Projekts soll das Verfahren verbessert und in verschiedenen Anwendungsbereichen getestet werden. Mit der Möglichkeit verdeckte Objekte, die mit herkömmlichen Kameras nicht sichtbar sind, durch Wald und Vegetation hindurch zu vermessen, ist das Verfahren nicht nur für Tierbeobachtungen, sondern zum Beispiel auch für das voll automatische Erfassen und Überwachen von Ernteerträgen in Obstplantagen einsetzbar. Hierzu laufen bereits die ersten Vorbereitungen für das nächste Feldexperiment, das noch vor der Pfirsichernte in Oberösterreich durchgeführt werden soll. Darüber hinaus gibt es weitere Anwendungen in Bereichen wie Grenzschutz, Archäologie, Forst- und Agrarwirtschaft.